Die Rede des Präsidenten der Republik Aserbaidschans Heydar Aliyev beim offiziellen Empfang durch die norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland zu Ehren des aserbaidschanischen Präsidenten – 24. April 1996


Sehr geehrte Ministerpräsidentin Frau Brundtland, sehr geehrter Parlamentsvorsitzender, meine Damen und Herren! Ich grüße sie und das ganze norwegische Volk herzlich im Namen der unabhängigen aserbaidschanischen Republik. 

Vor allem bedanke ich mich recht herzlich bei Frau Brundtland für die Einladung zum offiziellen Besuch in Norwegen und die mir und der Delegation erwiesene Gastfreundschaft.

Mein Besuch in Norwegen, die mit Frau Brundtland geführten Verhandlungen und die von uns unterzeichneten Abkommen sind ein bedeutendes Ereigniss auf dem Weg zur Verstärkung und Entwicklung der Unabhängigkeit Aserbaidschans. Wir legen besonderen Wert auf die heute unterzeichneten Abkommen und finden es wichtig für die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Aserbaidschan und der Beziehungen zwischen unseren Ländern. 

Aserbaidschan feiert das fünfte Jahr seiner Unabhängigkeit. Im Laufe dieser Zeit hat sich vieles geändert sowohl im Leben Aserbaidschans, als auch auf der ganzen Welt. Die Unabhängigkeit Aserbaidschans und der Wandel in unserem Land stehen im Zusammenhang mit den Prozessen in der Welt. Der Zusammenbruch der Sowjetunion führte zum Ende des «kalten Krieges» und in diesem Zusammenhang setzte sich eine neue Phase der Prozesse in der Welt durch. Infolge dessen erlangten die ehemaligen Teilrepubliken ihre Unabhängigkeit. Auch Aserbaidschan ist mit dem Erlangen seiner Unabhängigkeit zufrieden. Wir halten das für einen historischen Erflog.

Aufgrund dieses Prozesses, und dessen Folge - das Erlangen der Unabhängigkeit Aserbaidschans - sind unsere heutigen Treffen möglich und die aserbaidschanische Republik hat sich wie ein unabhängiges Land der Weltgemeinschaft angeschlossen und hält mit anderen Ländern in der Welt nützliche Kontakte. Die zwischen Aserbaidschan und Norwegen bestehenden und erweiterten Beziehungen sind nämlich die logische Folge dieser Prozesse. 

Es ist mir ein großes Vergnügen zu betonen, dass Norwegen eines der Länder ist, das die Unabhängigkeit Aserbaidschans als erstes anerkannt hat. Ich danke für Sorge Norwegens vor vier Jahren gegenüber Aserbaidschan und für seine Souveränität in Verbindung mit dem historischen Ereignis. Ich betone noch einmal, dass sich die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Norwegen innerhalb dieser Zeit zusehends entwickelt haben. Heute sehen wir diese Beziehungen auf dem höchsten Niveau. Wir legen auf die Beziehungen mit Norwegen besonderen Wert. Diese Beziehungen haben für uns eine große Bedeutung, da Norwegen eines der wirtschaftlich entwickelten Länder ist. In Norwegen wurden große Erfolge in dem Bereich der Wirtschaft und Demokratie erlangt. In Norwegen sind Menschenrechte, Rede- und Meinungsfreiheit gewährleistet. Das alles ist für uns bedeutungsvoll. Um diese Praxis zu nutzen, halten wir die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Norwegen für wesentlich. 

Die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern hat schon konkrete Folgen. Das große norwegische Ölunternehmen «Statoil» ist einer der ersten Ölkonzerne, die in Aserbaidschan investiert haben. An dem, im September 1994 zwischen dem Konsordium der großen Ölunternehmen der Welt und Aserbaidschan unterzeichneten und so genannten «Vertrag des Jahrhunderts», hat Norwegen einen großen Anteil. Für die Umsetzung der neuen Zusammenarbeit in den Ölvorkommen des aserbaidschanischen Sektors des Kaspischen Meeres, sind wir mit der Firma «Statoil» am verhandeln. Ich glaube, dies wird zu positiven Ergebissen führen. Das Interesse der anderen norwegischen Unternehmen für Aserbaidschan und die Gründung ihrer Büros in Baku sind ein gutes Beispiel für die rasante Entwicklung unserer Wirtschaftsbeziehungen. 

Aserbaidschan ist ein großes , altes Ölland. Ich will noch einmal betonen, dass das weltweit erste Öl auf industrielle Weise in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Aserbaidschan in Baku gewonnen wurde. Aber trotzdem ist Aserbaidschan jetzt im Bereich der Ölproduktion auf neue Technologien angewiesen. Deswegen sind für uns Norwegens Erfolge bei der Ölförderung seit der siebziger Jahre und die Anwendung neuer Technologien sehr interessant. Ich hoffe, dass ich morgen in der Stadt Stavanger neue Technologien genau beobachten kann, und dass unsere Experten, Arbeiter im Ölbereich diese Praxis effektiv nutzen können. Kurz gesagt, die aserbaidschanisch - norwegischen Beziehungen haben eine gute Zukunft und ich versichere ihnen, von unserer Seite für die Erweiterung dieser Beziehungen alles zu tun. Gleichzeitig versuchen wir während der Umsetzung der norwegisch - aserbaidschanischen Beziehungen von den Erfolgen und Erfahrungen des norwegischen Volkes und der norwegischen Regierung im Bereich der Demokratie, in den wirtschaftlichen Reformen und in dem Ergreifen der modernen, progressiven Maßnahmen, zu profitieren. 

Nach dem Aserbaidschan seine Unabhängigkeit erlangt hat, folgt unser Land den Weg der demokratischen, weltlichen, rechtlichen Gesellschaftsgründung und verabschiedet in der Wirtschaft ernsthafte Reformen auf Grundlage der Marktwirtschaft. Wir haben ein Privatisierungsprogramm verabschiedet und implementiert. Aserbaidschan will seine Wirtschaft nach dem Marktwirtschaftssystem entwickeln. Im November vergangenen Jahres wurde die erste aserbaidschanische Verfassung verabschiedet und es fanden erstmals die Parlamentswahlen nach den demokratischen Grundsätzen statt. Außerdem wurden andere demokratische Reformen durchgeführt.

Ihr Land erlangte seine Unabhängigkeit bereits Anfang des Jahrhunderts und erreichte große Fortschritte zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Aserbaidschan hat seine Unabhängigkeit in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts erlangt und will das 21. Jahrhundert als ein demokratischer Rechtstaat beginnen. Deswegen ist die Unabhängigkeit Aserbaidschans eine große und wertvolle Leistung für uns. Wir werden diese Leistung – unsere staatliche Unabhängigkeit - für ewig bewahren.

Sehr geehrte Ministerpräsidentin, Sie haben sich gerade in Ihrer Rede sehr positiv zur Entwicklung der demokratischen Prozesse und den ersten Schritten der jungen Demokratie geäußert und diese Schritte von uns hochgeschätzt. Das begeistert uns und ich versichere Ihnen, dass wir nie von diesem Entwicklungsweg abkommen werden. Vor zwei Tagen haben wir in Luxemburg einen Vertrag über die Zusammenarbeit und Partnerschaft mit der Europäischen Union unterschrieben. Wir schätzen das als ein historisches Ereignis in der Entwicklung der Unabhängigkeit und der Demokratie der Republik Aserbaidschan. In der Tat steht unsere junge Republik den großen Problemen, Schwierigkeiten und Fragen, die schwer zu lösen sind, gegenüber. Die schwerste Aufgabe für uns ist der armenisch-aserbaidschanische Konflikt und seine Beseitigung. Wie Sie wissen, werden schon seit acht Jahren die militärischen Agressionen von Armenien fortgesetzt. In Folge dieser militärischen Agressionen wurden 20 Prozent der aserbaidschanischen Territorien von den armenischen Streitkräften besetzt. Mehr als eine Million aserbaidschanischer Bürger wurden aus ihren Heimatstädten, die von dem Angreifer okkupiert wurden, vertrieben. Die Mehrzahl von ihnen lebt unter schweren wirtschaftlichen Bedingungen in Zelten.

Ich möchte sagen, dass trotz der großen Verluste und der moralischen und materiellen Schäden wir den Konflikt friedlich lösen wollen. Wir wollen nachhaltigen Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan erreichen. Dafür nutzen wir alle verfügbare Mittel. Wir versuchen die Verhandlungen im Rahmen der Minsker OSZE-Gruppe effektiv zu nutzen. Zu diesem Zweck unternehmen wir konstruktive Schritte, zeigen Initiative und tun alles mögliche. Um den Konflikt zu beseitigen, sollen die armenischen Streitkräfte die besetzten aserbaidschanischen Territorien verlassen, die besetzten Territorien müssen befreit werden und die Aserbaidschaner, die aus ihren Heimstädten vertrieben wurden, zu ihren Häusern zurückkehren. Im Rahmen dieses Prozesses ist Aserbaidschan bereit, den hohen Status der Selbstverwaltung von Berg-Karabach innerhalb der Grenzen der Republik Aserbaidschan anzuerkennen. Nur aufgrund dieser Prinzipen und bei der Wiederherstellung der territorialen Integrität der Republik Aserbaidschan kann der nachhaltige Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region gewährleistet werden.

Wir werden unsere Bestrebungen in alle Richtungen weiterhin fortsetzen. Ich möchte erwähnen, dass bereits seit zwei Jahren ein Abkommen über den Waffenstillstand zwischen Aserbaidschan und Armenien erzielt wurde. Infolge der Verhandlungen zwischen dem armenischen Präsidenten Ter-Petrosjan und mir vom 21.April in Luxemburg haben wir erklärt, dass wir den Waffenstillstand einhalten, bis zum Erreichen des kompletten Friedens. Wir sind für Frieden in unserem Land. Wir sind für Frieden in unserer Region. Wir sind für Frieden in der Welt. Wir sind gegen Separatismus, Terror und werden weiterhin diese Position vertreten. Um Frieden in unserer Region zu gewährleisten benötigen wir allerdings die Unterstützung der friedlichen Staaten der Welt. Diesbezüglich schätze ich das Interesse und die Unterstützung von Norwegen gegenüber unserer Region, insbesondere gegenüber Aserbaidschan, und akzeptiere die von der Premierministerin Frau Bruntland in Ihrer Rede erwähnten Gedanken. 

Kaukasus ist eine bedeutende Region der Welt. Aber zur Zeit steht der Kaukasus im Mittelpunkt von Streitereien und Konflikten. Einer dieser Konflikte ist der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien. Ich hoffe, dass Norwegen und die norwegische Regierung sich um die Lösung der Konflikte im Kaukasus und zwar um den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien weiterhin bemühen wird. Liebe Freunde, ihr stammt aus dem Norden der Welt und wir aus dem Süden. Aber die lange Entfernung zwischen unseren Ländern hindert uns nicht an unseren Beziehungen Ende des 20. Jahrhunderts. Unsere heutigen Beziehungen deuten darauf hin, dass wir sie weiterhin entwickeln können.

Sehr geehrte Ministerpräsidentin, ich bedanke mich noch mal recht herzlich für die Gastfreundschaft. Ihnen und ihrem Volk versichere ich im Namen des aserbaidschanischen Volkes, dass die Aserbaidschaner einer Freundschaft treu sind und unsere Freundschaft hat eine schöne Zukunft. 

Ich erhebe mein Glass auf das norwegische Volk und seine glückliche Zukunft. Ich wünsche dem norwegischen Staat und der Regierung viel Erfolg bei der Erfüllung der bevorstehenden wichtigen Aufgaben. Ich wünsche der Premierministerin von Norwegien Frau Brundtland, der norwegischen Regierung und dem Norwegischen Staat viel Glück.

Vielen Dank.

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