Aus dem Gespräch zwischen dem aserbaidschanischen Präsidenten Heydar Aliyev und dem Vorsitzenden der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Lord Russel Johnston - Den 15. September 2001


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Heydar Aliyev: Sehr geehrter Herr Lord Johnston, ich heiße Sie willkommen in Aserbaidschan und freue mich, mich mit Ihnen in Aserbaidschan wieder getroffen zu haben.

Zum ersten Mal haben wir uns hier während des Beitrittsprozesses Aserbaidschans zum Europarat getroffen. Aserbaidschan ist schon ein vollberechtigtes Mitglied des Europarats. Sie, Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, besuchen Aserbaidschan als ein Land, das Mitglied Ihrer Organisation ist. Das ist ein erfreulicher Fall. Ich glaube, Ihre Besuche nicht nur in Aserbaidschan, sondern auch in anderen Ländern der Südkaukasusregion werden bei Ihnen eine Vorstellung über die gegenwärtige Lage bilden.

Ich weiß, dass Sie hier schon viele Treffen hatten. Sie haben sich im Milli Medschlis mit den Abgeordneten getroffen. Sie haben sich mit dem Präsidenten des Milli Medschlises Murtus Alasgarow getroffen. Mit dem Ministerpräsidenten. Sowie mit dem Außenminister. Ich gehe davon aus, dass alle Fragen schon besprochen sind.

Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich auch mit Flüchtlingen getroffen haben, die unter schwierigen Bedingungen wohnen. Hoffentlich wurde es Ihnen gesagt, dass diese Leute unter besten Flüchtlingsbedingungen wohnen, weil die Mehrheit der Flüchtlinge in Zelten wohnt. Ich habe schon damals Ihnen gesagt, dass sie nicht seit einem, sondern schon seit acht bis neun Jahren in solcher Lage leben.

Hoffentlich sind Sie auch in unserer Stadt spazieren gegangen und haben Sie besichtigt. Die Laune der Bevölkerung ist Ihnen auch bewusst. Ich habe einige Treffen von Ihnen ferngesehen. Unter anderen habe ich Ihren Besuch in der Opfer-Allee ferngesehen. Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie der Opfer gedacht haben.

Ich bin der Meinung, dass wir mit Ihnen nach dem Beitritt zum Europarat enger zusammenarbeiten. Es ist natürlich nur Anfang, denn diese Zusammenarbeit wird sicherlich in der Zukunft noch enger und effektiver. Ich danke Ihnen nochmals für Ihren Besuch in Aserbaidschan. Bitte, Sie haben das Wort.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, vielen Dank dafür, dass Sie mich so warm empfangen haben, sowie für Ihre angenehmen Worte. Sie haben vollkommen Recht, dass ich Aserbaidschan zweites Mal besuche. Bei meinem ersten Besuch war Aserbaidschan noch kein Mitglied des Europarats.

Nach dem Beitritt Aserbaidschans zum Europarat wollte ich sehr das vollberechtigte Mitglied Europarats Aserbaidschan besuchen. Wie Sie gesagt haben, habe ich mich hier mit vielen getroffen. Sie haben zwar bemerkt, aber ich hatte bisher leider keine Zeit, in Baku spazieren zu gehen.

Heydar Aliyev: Das ist großer Nachteil. Der Präsident unseres Parlaments ist daran schuld.

Lord Russel Johnston: Ich bin einverstanden, dass Ihr Parlamentssprecher die größte Verantwortung dafür trägt, dass ich in Ihrer Stadt nicht spazieren gehen konnte.

Heydar Aliyev: Sie wurden hier mit vielen Treffen voll belastet. Für Sie hat man ein sehr intensives Programm vorbereitet.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, Sie sind sehr informiert.

Heydar Aliyev: Ich weiß.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, die besprochenen Fragen bei meinen bisherigen Treffen werden Sie sicherlich kaum überraschen, denn Sie sind mit all diesen Fragen vertraut. Es war Diskussion über Aufgaben, die Aserbaidschan als Mitgliedsstaat übernommen hat und jetzt zu erledigen hat. Darüber hinweg, haben wir in vielzähligen Gesprächen über den Armenien-Aserbaidschan-Konflikt diskutiert. Aber diese Gespräche und Angelegenheiten sind leider einigermaßen in den Hintergrund der Ereignisse in den Vereinigten Staaten getreten.

Deswegen möchte vor allem eine Frage stellen, ich möchte Sie fragen. Wie, meinen Sie, können diese Ereignisse Ihr Land beeinflussen? Diese Ereignisse werden sicherlich eine globale Auswirkung haben, die in allen Ländern zu beobachten sind. Man wird diese Auswirkung sowohl in meinem, als auch in Ihrem Land fühlen. Wahrscheinlich muss die Sicherheit besser gewährleistet werden, infolgedessen ist nicht ausgeschlossen, dass die Leute auf der Straße gehalten und untersucht werden können. Ihre Taschen mögen in Supermarkets kontrolliert werden. Das wird sicherlich einfachen Bürgern missfallen. Aber ich habe mich darüber auch mit Präsident Schewarnadse geredet. Auch seine Stellungnahme ist so, dass das so ein entsetzliches und großmaßstäbliches Geschehen ist, dass die Weltgemeinschaft sich zusammenschließen und gegen Terrorismus kämpfen muss.

Heydar Aliyev: Wir alle kennen sowohl die moderne Geschichte, als auch die Vergangenheit. Meines Wissens ist bis heute solch ein entsetzlicher und grausamer Terrorakt kaum passiert. Die Leiter und Vollzieher dieses Terrors, meiner Meinung nach, haben nicht nur keine Ahnung von der Menschlichkeit, sondern auch sie sind schlimmer als die wildesten Tiere, sie sind von schlimmster Grausamkeit geprägt. Das hat uns sehr betrübt. Gleichzeitig kann das die ganze Welt aufgeweckt haben, dass internationaler Terrorismus heute nicht nur für einzelne Länder oder Personen, sondern für die ganze Menschheit sehr gefährlich ist bzw. künftig große Gefahren verursachen kann.

Weil der Terrorismus, insbesondere der in den letzten Jahren einen größeren Spielraum errechende internationale Terrorismus bisher im Weltmaßstab einigermaßen eine lokale Qualität aufgewiesen hat. Er hatte ein Land oder eine Region betroffen. Aber dieser Terror hat die ganze Welt schockiert. Man kann sagen, dass dieser Terror nicht nur gegen Amerika oder das amerikanische Volk, sondern gegen die ganze Menschheit und alle Menschen in der Welt ausgerichtet war. Das war natürlich Terror gegen Frieden, Zivilisation, Menschheit sowie Demokratie - gegen all diese Begriffe.

Terrorismus hat unterschiedliche Formen. Unser Land beispielweise kennt dies aus seinem Leben und seiner Jüngstvergangenheit. Heute besteht sowohl unsere, als auch Ihre Hauptaufgabe darin, den Armenien-Aserbaidschan-Konflikt friedlich zu lösen. Wir sind auch jetzt der Meinung, dass wir dieses Problem auf diesem Weg lösen müssen. Aber die Ereignisse in den Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan seit 1988, nämlich Ermordung von Menschen, Tragödie in Khodschali oder massenhafte ethnische Säuberung in den okkupierten Gebieten, und demzufolge, wie gesagt, die Ermordung von Menschen sind selbst eine Art von Terror.

In verschiedenen Ländern sind Terrorakte gegen einzelne Persönlichkeiten begangen. Wir alle erinnern uns beispielweise an Terrorakte gegen Präsident John Kennedy oder gegen seinen Bruder Robert Kennedy sowie gegen Präsident Reagan oder gegen den israelischen Ministerpräsidenten, was alles die gegenwärtige Realität unserer Geschichte ist.

Z.B. dauerhafte Terrorakte in Ihrem Land, in Irland sind auch Beispiele dieses Terrorismus. Aber wir haben nicht nur Armeniens Terror, sondern auch viele Terrorakte im Inland, seit 1993, seitdem ich hier arbeite, erlebt. Einige sind von uns verhütet worden, einige aber haben unsere unschuldigen Menschen ums Leben gebracht.

Wir betrachten die Entsendung von Armeeabteilungen im von enormen Kontingent nach Aserbaidschan am 20. Januar 1990 durch die Führung der Sowjetunion und das Massaker von Menschen hier, die Allee der Opfer ist damals entstanden, als einen gegen das aserbaidschanische Volk durchgeführten Massenterrorakt.

Ich persönlich habe mehrmals Terrorgefahr erlebt. Ich bin mir nicht sicher, dass ich heute oder morgen solche Akte nicht mehr haben werde. Schlussfolgerung meiner Worte ist, dass man nicht in allen Ländern mitbekommen hat, dass der Terrorismus in letzten Jahren enormen Spielraum in der Welt erworben hat. Einige dachten, dass Terrorismus weit Weg von ihnen sei. In ihrem Land herrsche Frieden. Also, es sei nicht so gefährlich. Das Land oder Volk, das von massenhaften oder einzelnen Terrorakten betroffen ist, versteht sehr gut, wie entsetzlich Terror ist. Wir wissen es auch, deswegen deswegen empfinden wir das Unglück in den Vereinigten Staaten vielleicht näher als andere Länder und Völker mit. Dieses Ereignis hat uns geärgert. Ich habe sofort Tagung des Sicherheitsrates aufgerufen und habe erklärt, dass Aserbaidschan bereit ist, gegen Terrorismus und im Kampf gegen den internationalen Terrorismus alle Mittel zu verwendend aufzutreten.

Das ist ein Fall, der die ganze Welt betrifft. Fahndung nach Terroristen und ihre Entrüstung sowie adäquate Handlung gegen diesen großen Terrorakt gegen Amerika fordern dementsprechend riesige Maßnahmen. Diese Maßnahmen müssen selbstverständlich getroffen werden. Falls in einem Land, z.B. in unserem Land, irgendwo irgendjemand persönlich oder seine Tasche durchsucht werden muss sowie falls verdächtig, zu Sicherheitsbehörden gebracht und dort ermittelt werden muss, werden selbstverständlich erforderliche Maßnahmen getroffen. Wir sind ein Land, das sich dem Kampf gegen Terrorismus angeschlossen hat. Wir sind bereit und fähig, alle erforderlichen Maßnahmen in unserem Land zu treffen.

Amerika ist selbst ein mächtiges, erfahrenes und sehr entwickeltes Land. Die Organisation NATO hat schon ihre Erklärung darüber erteilt. Einige Länder, die nicht zur NATO gehören, bzw. Aserbaidschan, haben ihre Solidarität mit den Vereinigten Staaten bekannt gegeben. Also, die meisten Weltstaaten haben die Notwendigkeit des Mitkampfs mit den Vereinigten Staaten gegen Terrorismus betont.

Ich denke, jede Art von Maßnahme darf getroffen werden und das wäre begründet.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, gestatten Sie bitte, etwas hinzuzufügen. Ich schätze z.B. die Erklärung seitens Präsident Bushs sofort nach dem Terrorakt sehr hoch. Ich bin der Meinung, dass er rechtzeitig richtige Initiative ergriffen hat. Obwohl er sehr belastet war, obwohl in seinem Land riesiger Alarm und große Ruinen nach dem Terrorakt geherrscht hatten, obwohl die Menschen verzweifelt waren, hat der Präsident der Vereinigten Staaten erklärt, dass trotz aller Verdächtigungen bzw. trotz des Verdachtes gegenüber Palästinensern oder Afghanen diese Angelegenheit nicht zu verallgemeinern ist. Es wäre nicht berechtigt, den Terrorismus zum Krieg gegen Araber oder Afghanen zu nutzen.

Herr Präsident, wie es Ihnen bewusst ist, ist eine der Aufgaben des Europarats Schutz der Menschenrechte. Wir auch umgehen die Verallgemeinerung beim Schutz der Menschenrechte. Damit bin ich der festen Meinung, dass der Terror mittels Terrors nicht zu übertreffen ist. Die Machthaber eines Landes müssen diese Angelegenheit sehr realistisch betrachten und damit sehr vorsichtig umgehen.

Herr Präsident, Sie haben die Revolutionäre Armee Irlands erwähnt. Sie haben die von ihr in Großbritannien gemachten Schrecken zu Worte kommen lassen. Ich möchte Sie aber an ein anderes Beispiel erinnern.

Viele Italiener sind während des zweiten Weltkriegs im Hoheitsgebiet Großbritanniens ohne Anlass ins Gefängnis gesetzt worden. Der Hauptgrund bestand darin, dass die Italiener während des Kriegs mit anderen ihren Verbündeten gegen uns gekämpft haben. Sie wissen, dass im Hoheitsgebiet Großbritanniens viele Bürger italienischer Ursprung leben. Sie sind Auswanderer aus Italien nach Großbritannien im 19. Jahrhundert. 60 Jahre nach jenen Ereignissen, also heute ist in Großbritannien solche Aktion unakzeptabel. Heute erlauben die Menschenrechte solches Benehmen nicht. Man sollte sich eigentlich heute, wenn dieser Begriff in Bezug auf Terrorismus zutreffen würde, wahrscheinlich angemessener benehmen.

Heydar Aliyev: Herr Johnston, Sie haben vollkommen Recht. Ich habe auch alle Erklärungen Präsident Bushs bzw. der von Ihnen erwähnten Erklärung sehr aufmerksam gefolgt. Ich bin mit ihm völlig einverstanden. Ich bin zudem mit Ihnen einverstanden, dass man als Antwort auf Terror einzelner Personen oder Gruppierungen einer Nation keinen allgemeinen Terror gegen diese Nation, ihr Land oder gegen Völker von ihrer Religion ausüben darf.

Es ist bisher nicht klar, von wem dieser Terrorakt ausgeübt wurde, obwohl es viele Verdächtigungen und Verdächtige gibt. Ich glaube, die entsprechende Organe der Vereinigten Staaten, ihre Verbündeten sowie die Behörden jedes Landes, die den Terrorismus bewältigen wollen, werden alle ihre Fähigkeiten für die Aufklärung dieser Menschen und Organisationen anwenden und sogar zusammenschließen. Danach können natürlich Maßnahmen getroffen werden.

Sie haben gesagt, dass Terror gegen Terror nicht gerecht wäre. Mir sind gerade Lenins Worte eingefallen. Er hat gesagt, sie müssten gegen Weißen Terror mit Rotem Terror kämpfen. Unter "Weißem Terror" hat man Terror ihrer Feinde verstanden, "Roter Terror" war Terror der Bolschewiken. Das war bolschewistisches Regieren. Ich glaube nicht, dass sich bolschewistische Ideen von nun an in der Welt wiederbeleben werden.

Da Ihre Organisation sich für Schutz der Menschenrechte sehr bemüht, habe ich dafür Verständnis, dass Sie für diese Frage sehr empfindlich und aufmerksam sind. Nach jedem schrecklichen Geschehen ist die Reaktion darauf sehr emotional. Die in dieser emotionalen Lage gemachten Schritte sind manchmal falsch. Aber die später nach der wesentlichen Aufklärung der Frage getroffenen Maßnahmen sind gerechtere Maßnahmen gegen das Verbrechen. Demzufolge sind unsere und Ihre Meinungen identisch.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, bevor wir uns verabschieden, möchte ich, dass wir über diesen Terrorakt ein wenig weiter gehen und über aserbaidschanische Realitäten reden. Wie Sie wissen, habe ich seit meiner Ankunft hier viele Treffen geführt. Ich habe mich fast mit allen politischen Funktionären getroffen. Am Ende habe ich mich mit meinem Freund Herrn Alasgarow getroffen. Herr Alasgarow hat mir eine Liste vorgelegt. Wir haben uns zusammen jene Liste angeschaut. Die Liste war eigentlich die Aufzählung der Verpflichtungen, die Aserbaidschan als Mitglied des Europarats übernommen hat. Herr Alasgarow hat gesagt, dass bestimme Sachen erledigt und bestimmte Anmerkungen gemacht wurden, also, es gibt einen Fortschritt. Es freut mich sehr, dass Aserbaidschan solch einen Fortschritt erzielt hat, obwohl seither weniger als ein Jahr verlaufen ist. Ich bin persönlich der Meinung, dass vollberechtigte Mitgliedschaft Aserbaidschans zum Europarat genau zutrifft und ein rechtzeitig gemachter Schritt ist. Endlich wurde Aserbaidschan vollständiges Mitglied Europas, dessen Bestandteil es immer gewesen war. Die gegenwärtigen Ereignisse zeigen, dass Aserbaidschan zwar allmählich, aber sehr aufgeschlossen und nachhaltig vorangeht.

Heydar Aliyev: Vielen Dank für Ihre Bewertung der in Aserbaidschan nach dem Beitritt zum Europarat durchgeführten Arbeiten!

Einige Jahre haben wir am Europarat als Kandidat teilgenommen und versucht, vollständiges Mitglied zu werden, erstens um uns als integraler Bestandteil Europas zu fühlen und damit man uns kennenlernt. Zweitens, um Anwendung menschheitlicher und europäischer Werte in Aserbaidschan zu beschleunigen. Wir führen es durch. Herr Murtus Alasgarow hat Sie informiert. Ich glaube, man braucht nicht zu wiederholen. Sie können sicher sein, dass alle anderen Verpflichtungen auch erfüllt werden. Mein Wunsch ist, dass der Europarat nur gerechtfertigte Informationen über die laufende Situation und gesellschftlich-politische Lage in Aserbaidschan hat.

Wir würden z.B. die Vorwürfe des Europarats in bestimmten Bereichen gerecht finden und selbstverständlich bemühen wir uns die Fälle, die der Europarat nicht akzeptiert, zu bewältigen. Aber der Europarat besteht nicht aus einer Person oder Gruppe. Dort gibt es Vertreter 43 Länder. Vertreter einzelner Länder sind nicht gleiche Leute. Hoffentlich haben Sie für meine Position Verständnis, dass man von vollständiger Objektivität der Personen in allen Delegationen nicht ausgehen kann. Im Grunde genommen, kann der Mensch von Subjektivität nicht vollkommen frei serin. Falls jemand sich für einen idealen Menschen hält, irrt er sich, meines Erachtens. Deswegen würden wir wünschen, dass die Informationen über uns zuerst vertieft geprüft und mit uns zusammen ausgewertet werden müssten. Ich wiederhole, dass wir gerechte Vorschläge bzw. Vorwürfe gerne annehmen können.

Ich habe Ihnen schon letztes Mal gesagt, dass wir innerhalb dieses Prozesses sind. Wir sind bei den Prozessen der Demokratie, Menschenrechte sowie Presse- und Meinungsfreiheit im Gang. Nicht alles kann dabei ideal sein. Aber wir müssen uns dafür bemühen. Also wir müssen darüber enger zusammenarbeiten.

Lord Russel Johnston: Ich bin völlig einverstanden. Hätte ich Möglichkeit, würde ich über Objektivität mehr reden. Es kommt mir vor, dass die Nicht-Objektivität gleichzeitig aus der Informationsarmut folgt. Vollkommene Objektivität und Weisheit sind der Luftspiegelung in der Wüste ähnlich. Wir müssen uns jedenfalls bemühen, damit alles gerecht ist.

Am Ende möchte ich diese Gelegenheit nutzend mich bei Ihnen nochmals bedanken. Herr Präsident, vielen Dank für die Gastfreundschaft Ihres Landes und für das angenehme Verhalten gegenüber mir! Ich wünsche Ihnen eine eiserne Gesundheit! Mögen Sie vor allem gut aussehen, um Ihr Land regieren zu können!

Heydar Aliyev: Vielen Dank! Ich bin sehr froh. Aber zuletzt wollen wir noch ein Thema besprechen.

Beim Beitritt zum Europarat haben wir natürlich Verpflichtungen übernommen und wir bemühen uns, sie zu erfüllen.

Zudem sind wir dem Europarat mit großen Hoffnungen beigetreten. Unter großen Hoffnungen meine ich vor allem die Bewältigung des Armenien-Aserbaidschan-Konfliktes, die Heimkehr von mehr als einer Million Flüchtlingen sowie die Befreiung der von Streitkräften Armeniens okkupierten Gebiete.

Es ist sowohl Ihnen als auch uns bewusst, dass sich die OSZE, nämlich die Minsk-Gruppe der OSZE, insbesondere die Mitvorsitzenden der Minsk-Gruppe, also Russland, die Vereinigten Staaten und Frankreich, mit dieser Angelegenheit beschäftigen. Aber die Außerachtlassung dieses Problems durch den Europarat wäre natürlich unverständlich.

Wir haben uns mehrmals bereit erklärt, uns allen Menschenrechtenkonventionen anzuschließen. Aber die Rechte der aus den okkupierten Gebieten zwangsläufig vertriebenen und zurzeit in schwieriger Lage lebenden Menschen werden auch verletzt. Diese Sachen, glaube ich, sind keine Aufgabe Ihrer Organisation in unmittelbarem Sinne. Aber wie ich schon bemerkt habe, haben wir beim Beitritt zum Europarat gehofft und hoffen immer noch, dass sich der Europarat für die Lösung dieses Problems im Rahmen seiner Kapazitäten mehr engagieren wird.

Lord Russel Johnston: Herr Präsident, ich finde auch, dass der Europarat zweifelsohne zur Lösung dieses Problems beitragen kann bzw. muss. In diese Richtung haben wir schon bestimmte Schritte gemacht, Initiative ergriffen. Z.B. bei dem Treffen der Parlamentssprecher der Südkaukasus-Länder, das von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats organisiert wurde, haben wir unsere Meinung geäußert, dass mindestens ein Dialog geschaffen werden muss, wenn nicht eine Zusammenarbeit. Für die Schaffung eines Dialogs und Überwindung bestimmter Hindernisse auf dieser Ebene versagen wir unsere Hilfe nicht.

Es ist klar, dass die Regierungen die Verantwortung auf die Minsk-Gruppe übertragen haben. Die Minsk-Gruppe führt die Vermittlungs- und Förderungsmission durch. Aber wie wir beide uns geeignet haben, hat der Europarat auch bestimmte Verantwortung und bestimmte Verpflichtungen. Ich muss leider mitteilen, dass seit dem Ruhestand des Kriegs zwischen Armenien und Aserbaidschan kein Schritt vorangemacht wurde. Selbstverständlich müssen heute bestimmte Schritte gemacht werden. Dabei hängen vieles nicht von den Mediatorn, sondern von Aserbaidschan und Armenien, also von den Konfliktsparteien ab. Sie müssen sich einigen und Kompromisse feststellen. Ich verstehe, dass es eine schwere Aufgabe ist. Also, wenn es um die Einzelheiten der Zugeständnisse geht, ist es ein umstrittener und schwieriger Prozess, diese Einzelheiten festzustellen.

Es tut mir leid, mitzuteilen, dass der Ministerrat des Europarats - Ihr Außenminister ist auch Mitglied dieses Rates - hat in seinem erteilten Dokument bemerkt, dass trotz des Beitritts Aserbaidschans und Armeniens zum Europarat kein Fortschritt in diesem Konflikt erzielt wurde. Ich erinnere mich an dieses Dokument nicht ganz genau, leider habe ich das nicht mit. Dieses Dokument wurde unter der Präsidentschaft Lichtensteins ins Leben gerufen.

Herr Präsident, ich bin persönlich der Meinung, dass ich immer dafür eingetreten bin, die Menschen zu verstehen, ihnen zu vertrauen sowie ihnen zuzuhören. Es kommt mir vor, falls all diese berücksichtigt werden und falls die Seiten einander hören können, gibt es bei dem Problem einen Ausweg und ist es möglich, diesen Ausweg zu finden.

Heydar Aliyev: Ich denke auch, dass es gibt und es möglich ist, dies zu finden. Wahrscheinlich sind Zugeständnisse auch vonnöten. Aber ich habe mehrmals gesagt, dass diese Zugeständnisse für beide Seiten akzeptabel sein müssen. Es gibt schon einen Dialog, wir, ich und Präsident Armeniens, treffen uns. Es gibt Treffen auch auf anderen Ebenen. Leider können wir uns bisher auf diese Zugeständnisse nicht einigen. In Aserbaidschan gibt es solche Stimmung, dass wir überhaupt kein Zugeständnis machen müssen. Deswegen ist das Problem sehr schwer. Armenien will auch kein Zugeständnis machen.

Lord Russel Johnston: Das ist ja wirklich so. Ich verstehe, dass das für Sie eine schwere Aufgabe ist.

Heydar Aliyev: Das stimmt. Vielen Dank!

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