Aus der Rede des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Heydar Aliyev beim Empfang der Delegierten der internationalen Organisationen - Den 6. Januar 2001


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Heydar Aliyev: Liebe Gäste, ich begrüße Sie ganz herzlich in Aserbaidschan. So viele Parlamentarier oder Botschafter waren in Aserbaidschan wahrscheinlich nie bisher. Ich merke, dass die Aufmerksamkeit in Europa auf unser Land immer zuwächst. Ich glaube, die Sorge auch. Deswegen bin ich wegen unseres Treffens sehr zufrieden.

Mir ist klar, mit welchem Zweck Sie hier eingereist sind. Zu diesem Thema haben wir uns schon früher getroffen. Bei unserem letzten Treffen haben wir so abgesprochen, dass wir uns nochmals zusammensetzen werden. Die Zeit ist eingetroffen. Sie sind schon in Aserbaidschan. Wir auch haben bezüglich Ihrer Reise bzw. der neuen Parlamentswahlen vieles getan. Ich hoffe, Sie werden morgen die Folgen unserer Arbeit beobachten können. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Paula Kokkonen: Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie uns empfangen haben. Leider konnte ich während meines damaligen Aufenthaltes hier im Dezember nicht am letzten Treffen sein. Aber ich bin wegen meiner erneuten Einreise in Aserbaidschan sehr froh. Wir freuen uns über unser Treffen mit den Kollegen. Während unseres Gespräches haben wir gesagt, dass Aserbaidschan der Firma "Nokia" ähnelt, weil es die Leute verbindet.

Herr Präsident, wir haben wirklich beobachtet, dass die Neuwahlen ein Schritt der Entwicklung sind. Wir sind in Ihr Land gekommen, um solche Schritte zu unterstützen und die Integration Aserbaidschans in die westlichen Organisationen zu beschleunigen. Die Demokratiebildung heißt eigentlich Zusammenarbeit, sowohl zwischen Staaten als auch innerhalb des Staates.

Herr Präsident, wir sind schon informiert, dass Sie die Exekutivorgane darauf hingewiesen haben, dass die Wahlen ohne Verfälschung und transparent laufen müssen. Wir wissen auch, dass noch Herr Panahow den jeweiligen Organen solch einen Hinweis gegeben hat, Trotzdem sind wir unruhig. Wir fürchten, dass wieder neue Mängel auftauchen werden können.

Andreas Groß (Präsident des Sonderausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Wahlbeobachtung): Herr Präsident, ich möchte mich auch bei Ihnen bedanken, dass Sie uns Zeit widmen. Wir betrachten die Entscheidung über die Neuwahlen mindestens in einigen Wahlkreisen als einen sehr großzugigen und vorangehenden Schritt. Unsere Teilnahme an diesem Entscheidungstreffen war darauf ausgerichtet, zur Vertrauensbildung zwischen den Gruppen der Gesellschaft beizutragen. Aber unsere bisherigen Beobachtungen in dieser kürzen Zeit lassen uns denken, dass es uns noch nicht gelungen ist, das Vertrauen in der Gesellschaft auf erwünschtem Niveau zu erreichen. Herr Präsident, deswegen möchte ich Ihnen solche Frage stellen. Wie würden Sie erklären, dass kein ausreichendes gegenseitiges Vertrauen zwischen den Gruppen der Gesellschaft entstanden ist, obwohl bis zu den Wahlen nur ein Tag bleibt.

Heydar Aliyev: Ich verstehe Sie nicht. Bitte konkretisieren Sie Ihre Frage.

Andreas Groß: In den Ländern, die solche großartige Ereignisse erleben, trifft man die Komponenten der öffentlichen Debatten und Kampagne, die die Merkmale der Durchführung der Wahlen sind. In den davon betroffenen Ländern hat man normalerweise die Stimmung, um am Sonntag bei der Abstimmung mitzumachen. Die Opposition oder das anders Denken ist keine Gefahr für die Demokratie. Der gefährlichste Fall ist die Gleichgültigkeit.

Ein Teil unserer Delegierten ist schon seit zwei Wochen, der Rest seit einer Woche in Aserbaidschan. Wir sehen hier keine richtige wahlenbezogene Aktivität in der Gesellschaft. Es stimmt, einige Parteien nehmen an den Wahlen schon teil. Aber einige nicht. Obwohl wir auch uns um ihre Beteiligung an den Wahlen bemüht haben. Einige Parteien haben im Allgemeinen kein oder weniger Vertrauen gegenüber dem Wahlenprozess. Meine Frage heißt, warum, Ihrer Ansicht nach, ist das Vertrauen der Gesellschaft und politischer Parteien gegenüber diesen Prozessen nicht ausreichend hoch gewesen?

Heydar Aliyev: Jetzt ist mir Ihre Frage klar. Erstens, ich verstehe nicht, worauf Sie deuten. Am 7. Januar haben wir keine landesweiten Wahlen. Das sind nur Wahlen in elf Wahlkreisen. Wissen Sie, das Wahlgesetz verlangt, dass die Parteien oder die einzelnen Kandidaten, die an den Wahlen teilnehmen, ihren Wahlkampf selber organisieren und durchführen. Dafür benutzen sie die Massenmedien. Sie führen ihre Arbeit im Rahmen des Wahlkreises durch. Ich denke, diese Arbeit schon im Gang ist. Aber es wäre schwer, sie republikweit zu beobachten.

Diese Wahlen werden mit dem Wahlkreis-Prinzip durchgeführt. Nach meiner Information sind in jedem Wahlkreis alle erforderlichen organisatorischen Maßnahmen getroffen bzw. haben die Kandidaten sich mit ihren Wählern getroffen. Elf Wahlkreise haben je durchschnittlich acht Kandidaten. Selbst diese Tatsache zeigt schon die Aktivität der Menschen. Es gibt keinen Grund für eine Rede von der Gleichgültigkeit. Ich sehe ab und zu die Auftritte der Kandidaten im Fernsehen. Sie benutzen den staatlichen Fernsehsender kostenfrei. In den privaten Sendern zahlen sie wahrscheinlich bestimmte Summe. Ich sehe, dass auch die Vertreter der privaten Fernsehsender da sitzen. Sie wissen auch, dass diese Auftritte stattfinden. Ich wiederhole, dass das keine landesweiten Wahlen sind. Das ist nur die Kampagne für die einzelnen Kandidaten in einigen Wahlkreisen. Diese Arbeit führen vor allem die Menschen, die ihre Kandidatur vorlegen, persönlich durch. Die Wahlkreise leisten ihnen günstige Bedingungen. Staatliche oder Exekutivorgane dürfen sich nicht einmischen. Wir haben speziell noch mal hingewiesen, dass sie sich nicht einmischen.

Den zweiten Teil Ihrer Frage verstehe ich. Sie meinen, warum einige Parteien daran nicht teilnehmen. Die Musawat-Partei hat beispielsweise schon vorher auf die Beteiligung verzichtet. Die Partei der Nationalen Unabhängigkeit, soweit ich von Zeitungen und privaten Fernsehsendern mitbekommen habe, spricht einen Tag für und anderen Tag gegen die Beteiligung an den Wahlen.

Soweit ich über per Medien weiß, hat die Partei eigenen Mitgliedern erlaubt, gewählt zu werden. Etliche Aktivisten der Partei der Nationalen Unabhängigkeit haben in Wahlkreisen Antrag gestellt und sich anmelden lassen bzw. eine Wahlkampagne durchgeführt. Jedoch haben sich einige von ihnen am 4. Januar an die Wahlkreise mit einer Absage gewendet. Aber nicht alle. Sechs Mitglieder der Partei nehmen an den Wahlen doch teil. Noch vier von der Partei der Nationalfront, einer von der Jurddasch-Partei und einer von der Sozial-Demokratischen Partei. Ich spreche über die oppositionellen Parteien. Es gibt Parteien, die die Mitteposition besitzen, d.h. sie sind weder regierungsnah noch in der Opposition. Sie haben auch Mitglieder bei den Wahlen. Wir können keine Partei zwingen, sich mit mehreren Kandidaten zu beteiligen.

Z.B. einer der verehrten Funktionäre der Partei der Nationalen Unabhängigkeit Schadman Hüsejnow hatte im siebten Wahlkreis Antrag gestellt, genügend Unterschriften gesammelt und war dementsprechend als Kandidat registriert. Er hatte sogar seine Plakaten dahin gebracht. Aber am 4. Januar ist er gekommen und hat gesagt, dass er seine Kandidatur zurücknehme, weil die Partei so entschieden habe. Man hat ihn nach dem Grund gefragt. Seine Antwort klang, weil die Partei so entschieden habe. Ich habe sehr bedauert, als ich abends des Tags diese Nachricht gehört habe. Weil diese Person vier Jahre, von unserer Kandidaturzeit im Europarat bis jetzt, Mitglied der aserbaidschanischen Delegation beim Europarat gewesen war und dort viel gearbeitet hatte. Aber jetzt können wir ihn weder beeinflussen noch zwingen.

Überhaupt sind einige Kandidaten parteilos. Aber Sie wissen, dass die Parteien nicht die ganze Gesellschaft in Aserbaidschan präsentieren. Die Mehrheit der Bevölkerung ist neutral. Sie haben weder Mitgliedschaft noch Zugang zu einer Partei. 49 von Kandidaten sind parteilos. Wir können diese Fragen nicht regulieren. Darum bin ich nicht der Meinung, dass die Bevölkerung gleichgültig ist.

Man sollte noch berücksichtigen, dass während der allgemeinen Wahlen einige Monate lang für das ganze Land eine allgemeine Kampagne durchgeführt wird. Die Parteien und unabhängigen Abgeordneten führen ihre Kampagne durch. Das umfasst fast die Mehrheit der Bevölkerung. Aber jetzt nehmen wir z.B. den siebten Wahlkreis im Bezirk Jasamal an, wo fünf oder sechs Kandidaten sind. Dort, aber auch im Bezirk Khatai oder Sabuntschi, ich rede jetzt nur von Baku, hat keiner Interesse an der Durchführung der Wahlen. Wir haben 100 Wahlkreise. Die Wahlen in all diesen am 5. November sind natürlich anders als die Wahlen nur in elf von denen. Es ist selbstverständlich, dass das zweite Ereignis kaum ein republikweites Highlight sein kann. Dementsprechend kann sein, dass in irgendeinem Bezirk die Bürger sogar nicht von den Wahlen informiert sind. Aber soweit ich informiert bin, führen die Kandidaten dort sehr aktiven Wahlkampf durch. Aber einige, wie gesagt, obwohl sie ihre Kandidatur zuerst hatten anerkennen lassen, haben ihre Kandidatur zurückgenommen. In diesem Fall kann man nichts mehr tun.

Paula Kokkonen: Herr Präsident, gestatten Sie bitte, das Wort zuerst den Botschaftern zu geben, danach dem Berichterstatter des Europarats für Aserbaidschan.

Pietro Ercole Ago (Leiter der Ago-Monitoringsgruppe im Ministerrat des Europarates, Botschafter Italiens zum Europarat): Herr Präsident, ich möchte mich im Namen der Ago-Monitoringsgruppe im Ministerrat des Europarates und aller Botschafter an Sie wenden. Ich bin sehr froh, dass wir sehen, wie die Delegationen des Ministerrates des Europarates, der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates diese Wahlen in Zusammenarbeit beobachten.

Im Juni letztes Jahr, als Italien die Präsidentschaft im Ministerrat des Europarates innehatte, habe ich mit einem Minister Italiens Ihre Region besucht. Das Ziel war, für die Parlamentarische Versammlung des Europarates einen Bericht über die Situation in der Region, u. a. bezüglich der Aufnahme Aserbaidschans und Armeniens in den Europarat, vorzubereiten.

Herr Präsident, wie Sie wissen, hat Italien sich während seiner Präsidentschaft über den Ministerrat des Europarates für die Aufnahme Aserbaidschans und Armeniens in den Europarat sehr bemüht. Aber da die Ergebnisse der Wahlen vom 5. November nicht gut genug waren, wurde infolge der Debatten im Europarat beschlossen, die Aufnahme dieser Länder in den Europarat in zwei Etappen durchzuführen. In der letzten Sitzung des Ministerrates wurde beschlossen, beiden Ländern Einladung für die Mitgliedschaft zu schicken, die im Januar mit einer Unterzeichnungszeremonie ausgestellt werden sollte.

Um diese Entscheidung in Kraft zu setzen wurde eine Monitoring-Gruppe mit den Vertretern dreizehn Länder geschaffen und ich bin Leiter dieser Gruppe. Unser Ziel ist dieses Land zu besuchen, um uns mit der Situation hier vertraut zu machen und in der Sitzung des Ministerrates am 17. Januar unsere Empfehlungen auszusprechen. Falls alles perfekt läuft und wir eine positive Referenz des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte in der OSZE über den Gang der Neuwahlen bekommen, werden wir dem Ministerrat des Europarates empfehlen, Aserbaidschans und Armeniens Beitritt in der Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates letzte Woche des Januars offiziell auszustellen.

Herr Präsident, ich möchte noch hinzufügen, dass der Vertreter Ihrer Regierung Herr Aras Asimov nach Strassburg gekommen ist und sich mit uns, Herrn Groß sowie der Leitung des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE getroffen hat. Infolge dieser Treffen und nach allgemeinen Beratungen sind wir darauf gekommen, dass die aserbaidschanische Regierung erforderliche Maßnahmen getroffen hat, um bestimmte Mängel nach den Wahlen vom 5. November zu beseitigen. Wir haben deswegen entschieden, mit einer Delegation nach Aserbaidschan zu kommen. Aber wie Herr Groß gesagt hat, haben wir noch einige Sorgen.

Natürlich möchten wir, dass sich alle oppositionellen Parteien an den Wahlen beteiligen. Ihre Erläuterung bezüglich der Nicht-Beteiligung einiger Parteien an den Wahlen nehmen wir in Betracht. Es kann sein, dass diese Parteien die Nicht-Beteiligung an den Wahlen für einen Teil ihrer Strategie halten.

Wir sind mit der Sitzung mit dem Chef des Zentralen Wahlausschusses Aserbaidschans zufrieden. Befriedigende Nachricht ist, dass mindestens ein Oppositioneller in allen elf Wahlkreisen seine Kandidatur vorgelegt hat. Also, die Oppositionsparteien sind auch beteiligt. Es ist schon ein Zeichen des Pluralismus. Gleichzeitig müssen aber die Wahlen frei und fair stattfinden. Die Lücken, die am 5. November eingetroffen sind, müssen vermieden werden.

Ich möchte noch bekannt geben, dass wir gerne annehmen, dass die ganze aserbaidschanische Gesellschaft einschl. der Oppositionsparteien den Beitritt zum Europarat als das höchste Ziel betrachtet. Diese Leute wollen auch den Beitritt Aserbaidschans zum Europarat. Wir gehen davon aus, dass die Beitrittsfrage den Willen der ganzen Gesellschaft zeigt.

Eine andere Sorge, die wir uns machen, ist die Beteiligung der Bevölkerung an der Abstimmung. Anders formuliert, wir fürchten, dass das Quorum von 25 Prozent scheitern kann. In diesem Fall, falls 25 Prozent der Wähler in bestimmten Wahlkreisen nicht mitmachen, müssen die Ergebnisse abgeschafft werden.

Nochmals möchte ich zum Ausdruck bringen, dass wir hoffen, dass nach der Bestätigung der Vertreter der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der OSZE und nach der Annahme der Referenzen der Beobachter sowie Bezug nehmend auf die teilweise Beteiligung der Opposition an den Wahlen, werden wir ein positives Gutachten für die Aufnahme Aserbaidschans zum Europarat geben können. Besonders möchte ich betonen, dass die Gewährleistung der Aufnahme Aserbaidschans in den Europarat zurzeit das aktuelle Ziel ist. Aber das ist nur Anfang. Also, das ist Start der Zusammenarbeit zwischen Aserbaidschan und dem Europarat. Wir hoffen, dass infolge dieser Zusammenarbeit wir mit Hilfe der Erfahrung des Europarates zur Vertiefung der Demokratie in Aserbaidschan zusammen beitragen und diese Vertiefung erreichen werden.

Ich wiederhole nochmals, dass Ihre Regierung die Zusammenarbeitslinie gut aufbewahrt hat.

Heydar Aliyev: Sehr geehrter Herr Botschafter, ich danke Ihnen. Ihre Mitteilung über den Aufnahmeprozess Aserbaidschans in den Europarat bzw. über die getroffenen Maßnahmen unter der Präsidentschaft Ihres Landes hat mir Freude gemacht. Obwohl wir davon ausgehen, dass während dieses Prozesses in verschiedenen Ausschüssen und Komitees auch ungerechtfertigte Auffassungen über Aserbaidschan geäußert wurden. Wir nehmen faire Kritik über unsere Fehler gerne an. Aber unfaire Auffassungen stören uns und wir können sie nicht akzeptieren. Sowohl während des ganzen Prozesses haben wir klar ausgedrückt, als auch wiederholen wir jetzt, dass Aserbaidschan dem Europarat beitreten will. Sie äußern auch Ihr Wollen, dass Aserbaidschan dem Europarat beitritt. Aserbaidschan hat während seiner Kandidatur immer seinen Beitrittswillen bewiesen.

Wir wissen sehr gut, dass das Hauptprinzip des Europarates Demokratie ist. Wir bauen in Aserbaidschan eine demokratische Ordnung auf. Ein demokratischer Welt- und Rechtsstaat wird gebildet. In allen Bereichten werden Reformen durchgeführt. Die Meinungs- und Pressefreiheit wird völlig gewährleistet. Die Glaubensfreiheit und Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig von der nationalen Angerhörigkeit und Rasse, wurden auch gewährleistet. Natürlich sind auch die Wahlen ein Bestandteil des Demokratisierungsprozesses. Wenn wir dem Europarat beitreten wollen, bemühen wir uns oder sollen wir uns bemühen, allen Hauptprinzipien des Europarates zu folgen. Etwas klappt in dieser Mission, etwas aber nicht.

Sie haben selber bemerkt, dass der Beitritt dem Europarat zwei Etappen hat. Nebst dem Willen, dem Europarat beizutreten, verstehen wir auch unsere Verantwortung. Dadurch wollen wir die Demokratiesierungserfahrung besser erwerben und die demokratischen Aufbauprozesse beschleunigen.

Selbstverständlich gab es auch Mängel bei den Wahlen vom 5. November. Wegen dieser Mängel haben der Zentrale Wahlausschuss und das Verfassungsgericht die Wahlergebnisse in elf Wahlkreisen ungültig erklärt. Aber den ganzen Wahlprozess im Allgemeinen negativ zu bewerten, wäre auch nicht gerecht. Ich kann damit nicht einverstanden sein. Falls Sie davon ausgehen, dass unbedingt mehr Leute aus der Opposition sein sollten, haben sie die Plätze je nach den bekommenen Stimmen gehabt. Aber einige Oppositionsparteien wollen dem Staat und der Regierung einfach ihren Willen diktieren. Daraus machen manche Parteien verschiedene Manöver.

Was ist der Grund? Sie wollen erreichen, dass die Wahlen in Aserbaidschan nicht klappen, dass das aserbaidschanische Parlament illegitim wird. Sie wollen die sozio-politische Stabilität in Aserbaidschan, die wir mit großer Mühe erreicht haben, zerstören und davon für eigene Zwecke profitieren. Wer stört sie, sich in allen elf Wahlkreisen mit zwei oder drei Kandidaten zu präsentieren? Sie wissen sogar, dass die Wahlen in diesen elf Wahlkreisen unter besonderer Kontrolle stattfinden werden. An solchen Wahlen sollte man sich beteiligen. Aber sie tun es nicht. Ich spreche sogar noch nicht davon, dass sie sich nicht trauen. Sie denken umsonst, dass sie alle über so große soziale Basis verfügen, wie sie darstellen.

Herr Botschafter, Sie sagen, dass Sie diese Beitrittsfrage Aserbaidschans und Armeniens auf später verschoben haben. Wir haben es akzeptiert. Wir haben keine Befugnis, dagegen zu protestieren. Jetzt gehört das Wort Ihnen. Alle erforderlichen Maßnahmen für die Wahlen in allen elf Wahlkreisen wurden durch die Exekutivorgane, den Zentralen Wahlausschuss und die jeweiligen Wahlkreisausschüsse ergriffen. Sie, hochrangige Botschafter und erfahrene Parlamentarier, sind hier gekommen, dies zu beobachten. Sehr gut. Beobachten und beurteilen Sie bitte. Aber im Voraus zu beurteilen, dass angeblich etwas da nicht stimmt, kann ich nicht verstehen. Unsere zuständigen Organe haben schon alles Mögliche getan.

Sie haben mitgeteilt, dass die Beteiligung der Wähler mindestens 25 Prozent umfassen muss. So ist auch im Gesetzt geschrieben. Natürlich im Falle der Abwesenheit von 25 Prozent aller Wähler können die Wahlen nicht als gültig gelten. Falls Sie wirklich denken, dass wir bereit sind, auch so was zu tun, dann mache ich mir Sorgen. Wie schlecht denken Sie über uns!

Kurz und knapp, überprüfen Sie, wie Sie wollen. Aber seien Sie bitte gerecht und neutral. Nehmen Sie bitte nicht alles, was die Opposition sagt, als die absolute Wahrheit an.

Paula Kokkonen: Herr Präsident, vielen Dank! Gestatten Sie bitte, dass sich auch der Berichterstatter über Aserbaidschan äußert.

Heydar Aliyev: Bitte schön. Ich weiß, dass er Berichterstatter ist und sagt, dass alles von ihm abhänge.

Guillermo Martinez Kassa (Berichterstatter im Sonderausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Mitglied des spanischen Parlaments): Herr Präsident, alles hängt von Ihnen ab. Die korrekte und stabile Demokratiebildung ist eine gemeinsame Mission. Sie ist die Aufgabe sowohl der Regierung als auch der Opposition. Deswegen meinten wir, dass die Mitmachung der Oppositionsparteien an den Wahlen vonnöten war. Obwohl sie bestimmte Sorgen und Ansprüche haben.

Wir finden diese Forderungen ganz legitim. Wir denken, dass die Entscheidungen in der demokratischen Gesellschaft im Rahmen des Rechtsstaates und Rule of Law getroffen werden müssen. Unserer Meinung nach, müssen die Demokratiebildung und ihre Festigung in der Gesellschaft von den legitimen Strukturen und dem Parlament im Rahmen des Gesetztes durchgeführt werden. Weil wir der Auffassung sind, dass sich die politische Parteien gezwungen fühlen, ihre Ziele auf nicht legalen Wegen zu erreichen, wenn sie von den parlamentarischen Debatten ausgeschlossen sind. Dies bringt zum Zusammenbruch der Stabilität in der Gesellschaft. Man darf es in Aserbaidschan nicht passieren lassen. Wir werden keinem Mitglied des Europarates erlauben oder ermöglichen, die Änderungen in Aserbaidschan zulasten der Zerstörung der Stabilität abzustreben.

Herr Präsident, wir möchten unsere Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass unsere Schlussfolgerung klingen wird, dass Aserbaidschan in die Demokratieschule, d.h. in den Europarat, aufgenommen werden und von ihren Werten wird profitieren dürfen.

Herr Präsident, wenn Sie sich besinnen, habe ich dies schon bei unserem letzten Treffen gesagt. Ich werde meinen Kollegen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates nochmals empfehlen, den Zusammenarbeitsprozess Aserbaidschans mit dem Europarat immer unter strenger Kontrolle zu halten. Damit Sie in den Beziehungen zwischen Europa, dem Sie auch gehören, und Ihrem Land keine Schwierigkeiten erleben.

Herr Präsident, kommende Jahre werden wir sowohl mit der Regierung als auch mit Opposition Diskussionen über die Durchführung der Maßnahmen haben, die manchmal sehr streng erscheinen können. Manchmal wird es benötigt, dass sehr empfindliche Entscheidungen getroffen werden. Aber da diese Entscheidungen der Entwicklung Ihrer Gesellschaft dienen, wird man sie treffen müssen. Ich bitte Sie, uns als Ihre Freunde und Kollegen anzunehmen. Wir sind auch der Absicht, in der Zukunft mit Ihnen zusammenzuarbeiten und wir warten darauf ungeduldig.

Hendrik Wagenmackers (Holländischer Botschafter zum Europarat): Herr Präsident, ich freue mich sehr, hier zu sein. Ich nutze die Gelegenheit und bedanke mich bei Ihnen für Ihre Gastfreundlichkeit.

Seit einigen Tagen bin ich in Ihrem Land. Ich bin hier gekommen in der Delegation, die den lettischen Außenminister begleitet hat. Sie wissen, dass Lettland die Präsidentschaft des Ministerrates trägt. Während meines Aufenthaltes hier habe ich meine Kenntnisse über den aserbaidschanischen Staat und das aserbaidschanische Volk vertieft und mehr diesbezüglich Informationen bekommen. Habe ich, als ich hier gekommen bin, mich für einen Freund des aserbaidschanischen Volkes gehalten, halte ich mich jetzt für seinen besseren Freund. Ich bin auch der Meinung, dass die Ergebnisse der Neuwahlen sehr wichtig sind. Ich hoffe, dass die Ergebnisse der morgigen Wahlen die Ergebnisse der freien und fairen Wahlen sein werden.

Ich möchte den Rahmen unserer Zusammenarbeit nicht auf die Wahlen beschränken. Ich möchte darüber hinaus schauen. Ich möchte vom Thema des Anfanges der Zusammenarbeit zitieren, die von Botschafter Ago und Ihnen, Herr Präsident, angesprochen wurde. Anders formuliert, das Wort muss mit der Praxis bewiesen werden. Deswegen wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie so nett wären, um dieser Delegation manche Fragen zu erklären.

Herr Präsident, es wäre sowohl für meine Regierung als auch für mich sowie für diese Delegation sehr wichtig, dass Sie erklären würden, wie Aserbaidschan die Verpflichtungen erfüllen wird, die von der Menschenrechtenskommission des Europarates gehoben wurden, welche auch im Bericht des Berichterstatters über Aserbaidschan Clearfreight geprägt und von Ihnen akzeptiert wurden. Ich interessiere mich insbesondere dafür, wie Aserbaidschan seine übernommene Verpflichtung bezüglich der politischen Gefangenen umsetzen wird. Der Grund meiner Frage liegt darin, dass man sich an den holländischen Außenminister im Parlament mit dieser Frage wendet. Ich muss ihm bei der Beantwortung dieser Frage behilflich sein. Vielen Dank!

Heydar Aliyev: Herr Botschafter, vielen Dank. Sie haben mir diese Frage schon letztes Mal gestellt. Ich habe damals geantwortet. Deswegen gibt es kein Bedürfnis, das zu wiederholen. Aber ich habe, insbesondere nach der Rede des Berichterstatters über Aserbaidschan, solch einen Eindruck bekommen, dass Sie uns so erschrecken, dass wir uns noch überlegen sollen, ob wir vielleicht den Beitritt zum Europarat überhaupt nicht benötigen. Sie sprechen schon aus, dass Sie mit uns streng sein werden, dass Sie dies und das tun werden. Dann müssen wir uns überlegen. Wir sind ein unabhängiger Staat. Der Europarat ist eine internationale Organisation. Wenn wir uns den Beitritt wünschen, übernehmen wir alle Forderungen dieser Organisation. Aber Sie erschrecken uns jetzt. Ich verstehe Ihren Zweck nicht. Wollen Sie, dass wir fliehen? Aber wir tun es nicht. Wir lassen uns nicht erschrecken. Was wir können, werden wir tun.

Letzte vier oder fünf Monate höre ich von den Delegationen bzw. von Ihnen vielen Vorlesungen über die Demokratie zu. Ich verstehe ganz gut, dass Sie alle Demokratieprofessoren sind. Aber wir sind auch keinerlei in der ersten Klasse. Hätten wir uns dieser Ordnung anschlißen können, falls wir über die Demokratie keine Ahnung gehabt hätten und nichts über ihr Wesen und ihre Geschichte gewusst hätten? Ich akzeptiere jede werte Empfehlung von Ihnen sehr gerne. Bzw. ich werde versuchen, Bücher über die Demokratie zu lesen, um Ihr Niveau dabei nachzuholen. Ich werde an der Universität Sarbonna promovieren.

Ich scherze natürlich. Wir gehen den Weg der Demokratie und werden weiter gehen, unabhängig davon, ob Sie oder ein anderer das will oder nicht. Aber die Demokratie ist ein Prozess, die eine Anfang aber kein Ende hat. Ich denke nicht, dass Sie auch in diesem Bereich die Spitze des Berges erreicht haben. Im Vergleich zu Ihnen sind wir an der Mitte des Berges. Aber Sie müssen auch weiter gehen. Wir werden versuchen, schneller als Sie zu gehen. Wir werden unser Herz und unsere Muskeln verstärken, damit wir die große Geschwindigkeit aushalten können. Aber dies können wir nicht völlig erreichen. Dafür braucht man Zeit. Deswegen sollen wir uns einigen, dass wir in der Demokratiefamilie sind. Aber nicht alle in der Familie sind gleich groß. Nicht jedes Kind ist gleich klug oder hat gleiche Erfahrung. Was wir können, tun wir, was wir nicht können, lernen wir. Wir profitieren auch von Ihren Empfehlungen.

Paula Kokkonen: Herr Präsident, wir sind gar nicht der Meinung, dass nur die Menschen, die auf dieser Seite des Tisches sitzen, die Wahrheit sagen. Manche von unseren Ländern sind Ebeneländer. Es gibt keinen Berg dort, um den Berg besteigen zu können. Ich denke, alle haben nur ein Ziel: unsere Augen aufzumachen und bei dieser gutwilligen Mission mitzumachen.

Herr Präsident, ich danke Ihnen im Namen aller Delegationen unserer Sitzung. Wir möchten Sie noch um etwas bitten. Letztes Mal trafen wir uns mit Ihnen sofort nach den Wahlen, nachdem wir zur Presskonferenz gegangen waren. Könnten wir es diesmal umgekehrt machen? Wir möchten uns nach den Wahlen zuerst mit Ihnen zu Ihnen passender Zeit vor der Presskonferenz treffen, um unsere Gedanken erst mit Ihnen zu teilen. Anders formuliert, damit Sie von der Presse oder dem Fernsehen keine falsche Information über unsere Gedanken bekommen.

Heydar Aliyev: Sie wissen, dass ich bis zum 8. Januar viel zu tun habe. Am 9. Januar kommt Russlands Präsident Herr Putin hierher zu Besuch. Wir arbeiten an einigen Dokumenten. Deswegen ist der 8. Januar für mich sehr anstrengend. Aber ich kann mich mit Ihnen kurz treffen.

Paula Kokkonen: Herr Präsident, wir werden zum Treffen mit Ihnen in kleiner Gruppe mit den Chefs der Delegationen kommen. Vielen Dank.

Die Zeitung "Aserbaidschan", den 7. Januar 2001.

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