Erklärung des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Heydar Aliyev auf der Pressekonferenz in Oslo - Oslo, den 25. April 1996


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich statte auf Einladung der Ministerpräsidentin von Norwegen Frau Brundtland einen offiziellen Besuch im befreundeten Land ab. Zusammen mit mir ist auch unsere Delegation gekommen. Wir haben gestern Verhandlungen durchgeführt. Ich muss betonen, dass die Verhandlungen fruchtbar waren. Als Folge haben wir einige Dokumente für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Norwegen unterschrieben.

Wir legen großen Wert auf unsere Beziehungen mit Norwegen. Norwegen ist einer der Weltstaaten, die die Unabhängigkeit Aserbaidschans anerkannt haben. Seitdem hat Norwegen Interesse für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Aserbaidschan. „Statoil“ und andere norwegische Firmen sind nach Aserbaidschan gekommen und arbeiten mit uns zusammen.

Zugleich zieht uns zu einer engen Zusammenarbeit mit Norwegen der Faktor heran, dass es einer der entwickelten Staaten Europas ist, große Erfolge im wirtschaftlichen Bereich hat. Norwegen hat ebenfalls große Fortschritte bei der Durchführung der demokratischen Reformen. Norwegen hat aufgrund der demokratischen Prinzipien seinen Staat aufgebaut und seine Gesellschaft gestaltet. Das alles ist für uns attraktiv und sehr interessant. Das ist auch eine Erfahrung für den Aufbau eines demokratischen und weltlichen Staates in der unabhängigen Republik Aserbaidschan. Diese Faktoren sind für uns wichtig, unsere Zusammenarbeit mit Norwegen zu erweitern und weiter zu entwickeln.

Gestern haben wir mit der Ministerpräsidentin Frau Brundtland um diese Fragen ausführliche Verhandlungen und Meinungsaustausch geführt. Infolge dieser Verhandlungen haben wir über die intensivere Entwicklung der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Norwegen völliges Einvernehmen hergestellt und gleichzeitig den Meinungsaustausch über internationale Fragen, über die Entwicklungen in der Welt, in einzelnen Regionen, bzw. die andauernden militärischen Konflikte, Lösungswege dieser Konflikte geführt und haben unsere Meinungen miteinander übereingestimmt. Außerdem stimmen unsere Meinungen und Weltanschauung in mehreren Fragen überein. Und das ist eine gute Grundlage für unsere künftige Zusammenarbeit.

Aserbaidschan befindet sich im Kaukasus. Leider dauern im Kaukasus einige militärische Konflikte an. Der armenisch-aserbaidschanische Konflikt um Berg-Karabach ist einer der schwersten und gefährlichsten Konflikte der Welt. Dieser Konflikt hat der Republik Aserbaidschan, dem aserbaidschanischen Volk einen sehr große Schaden zugefügt. 20% der aserbaidschanischen Territorien sind durch armenische Streitkräfte besetzt, mehr als eine Million aserbaidschanische Bürger wurden aus den besetzten Gebieten vertrieben. Sie haben alles verloren und leben in den Zelten unter schwierigen Bedingungen. Das hat sowohl unsere Wirtschaft, als auch die Gesamtsituation im Land verschlechtert. Wir haben einen ausführlichen Meinungsaustausch über dieses Thema mit Frau Brundtland geführt, dabei habe ich gesagt, was ich auch Ihnen wiederhole, dass Aserbaidschan den Konflikt mit Armenien auf friedlichem Wege lösen will, gerade deshalb haben wir vor zwei Jahren ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan unterzeichnet. Wir halten uns immer noch an dieses Abkommen ein, und werden versuchen, es weitereinzuhalten. Im Verlauf dieses Waffenstillstandes führen wir Verhandlungen durch. Wir wollen den militärischen Operationen und dem ganzen Konflikt ein Ende machen. Wir sind für einen dauerhaften Frieden zwischen Aserbaidschan und Armenien.

Um den Frieden zu erreichen muss jedes Land, einschließlich Armenien, den internationalen Rechtsnormen folgen. Von diesem Standpunkt aus haben wir für die Erreichung des Friedens die konstruktiven Kompromissvorschläge vorgebracht. In den Vorschlägen ist der Abzug der armenischen Streitkräfte aus den besetzten Gebieten Aserbaidschans vorgesehen. Die territoriale Integrität Aserbaidschans, Unverletzlichkeit der Grenzen sollen gesichert werden, die aserbaidschanischen Bürger, die gewaltsam aus den besetzten Gebieten vertrieben worden sind, sollen an ihre Heimatorte zurückkehren. Das Grundprinzip, der beste Weg für die Lösung des Berg-Karabach-Konflikts, ist die Tatsache, dass Berg-Karabach  ein integraler Bestandteil Aserbaidschans ist. Wir sind bereit, den Berg-Karabach, den hier lebenden  ca. 100 Tausend Armeniern den Status der hohen Autonomie innerhalb des aserbaidschanischen Staates zu gewähren. Dieser Status der hohen Autonomie kann nur innerhalb des aserbaidschanischen Staates existieren und soll der territorialen Integrität Aserbaidschans und seiner Souveränität keinen Schaden zufügen.

Seit fünf Jahren existiert Aserbaidschan als ein unabhängiger Staat. Staatliche Unabhängigkeit ist für die Menschen in Aserbaidschan ein historisches Ereignis. Es ist für uns ewig. Das unabhängige Aserbaidschan baut sein Leben auf der Grundlage der demokratischen Prinzipien. In Aserbaidschan wird ein demokratischer Rechtsstaat aufgebaut, in unserem Land entwickeln sich alle demokratischen Prinzipien. Im November des vergangenen Jahres hat Aserbaidschan durch ein Referendum die erste demokratische Verfassung angenommen, und gleichzeitig wurden die ersten demokratischen Wahlen zum Parlament auf der Grundlage des Mehrparteiensystems abgehalten. Das alles hat eine gute Grundlage geschaffen, damit Aserbaidschan den Weg der Demokratie geht. Wir streben nach der Demokratie. Unsere Wirtschaft ist für die ganze Welt offen. Wir führen wirtschaftliche Reformen aufgrund der Prinzipien der Marktwirtschaft durch. Privatisierungsprogramm ist angenommen und wird verwirklicht. Das alles wird in einer kurzen Zeit Aserbaidschan, das reich an Bodenschätzen ist, zu einem der höchst entwickelten Staaten der Welt machen.

Wir fühlen uns sehr gut in Ihrem schönen Land, in der wunderschönen Stadt Oslo. Wir genießen große Gastfreundschaft. Unsere Treffen und Verhandlungen finden in einer warmen, freundlichen Atmosphäre statt. Das alles zeigt, dass die norwegisch-aserbaidschanischen Beziehungen eine große Zukunft haben. Wir tun unser Bestes, um diese Zukunft zu erreichen. Danke.

Frage: Herr Präsident Heydar Aliyev hat eben in seiner Erklärung die Erweiterung der Beziehungen zwischen Statoil und der Aserbaidschanischen Staatlichen Ölgesellschaft betont. Eine Frage in diesem Zusammenhang: ist die Teilnahme von Statoil an der Ausbeutung der neuen Felder, bzw.  des Schahdeniz-Feldes im Kaspischen Meer vorgesehen?

Heydar Aliyev: Ja, das ist vorgesehen. Zurzeit führen wir intensive Verhandlungen zu dieser Frage durch.

Frage: Zunahme der Ölproduktion fordert auch die Entwicklung ihrer Beförderung. Wie bekannt ist, wird das aserbaidschanische Öl ins Ausland über Russland und Georgien befördert werden. Planen Sie andere Optionen von Pipelines und ist die Zusammenarbeit mit norwegischen Organisationen vorgesehen?

Heydar Aliyev: Ja, Sie haben recht. Wir haben mit Russland und Georgien die Abkommen über die Verlegung von Pipelines für den Export des Frühöls über Russland bis zum Hafen Noworossijsk am Schwarzen Meer und über Georgien bis zum Hafen Supsa ebenfalls am Schwarzen Meer unterzeichnet. Aber gleichzeitig ist im Projekt des Konsortiums die Verlegung einer großen Ölpipeline für den Export des aserbaidschanischen Öls vorgesehen. An dieser Frage arbeiten wir mit den norwegischen Organisationen zusammen und werden auch künftig zusammenarbeiten.

Frage: Wir möchten gerne wissen, wie Aserbaidschan die Rolle der OSZE und der UNO bei der Lösung des Berg-Karabach-Konflikts schätzt, und ob die Frage der Beteiligung der norwegischen Soldaten an den Friedenstruppen der OSZE während Ihrer Verhandlungen mit Frau Ministerpräsidentin erörtert wurde?

Heydar Aliyev: Wir wenden die Möglichkeiten der Minsker Gruppe der OSZE an und werden auch weiter anzuwenden, um den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan zu lösen. Die Minsker Gruppe der OSZE ist gegründet, um diesen Konflikt nur auf friedlichem Wege zu lösen. Es ist gewiss wahr, dass die Arbeit, die die Minsker Gruppe und wir durch ihre Vermittlung durchgeführt haben, hat noch nicht die erwünschten Ergebnisse gebracht. Aber wir werden diese Vermittlung noch weiternutzen. Große politische Vereinbarung und deren Realisierung sieht den Einsatz der internationalen Friedenstruppen in unsere Region vor. Während des Treffens mit Ministerpräsidentin Frau Brundtland hat sie die Fragen der Journalisten beantwortet. Sie teilte mit, dass Norwegen auf dem Budapester KSZE-Gipfel im Dezember 1994 erklärt hat, dass im Falle der Erreichung eines Friedensvertrags und Absendung der KSZE-Friedenstruppen in die Region, ist Norwegen bereit, seine militärischen Einheiten im Bestande dieser Kräfte zu senden.

Frage: Sie haben erwähnt, dass im Projekt des Ölkonsortiums die Verlegung der großen Ölpipeline zum Export vorgesehen ist. Aber Sie haben nicht hingewiesen, wo diese Ölpipeline liegt, und wo ist ihr Endpunkt. Das ist die erste Frage. Die zweite Frage: zweifellos hat das Konsortium in seiner Tätigkeit die unruhige Situation im Kaukasus, einschließlich in Tschetschenien nicht außer Acht gelassen. Inwieweit ist das berücksichtigt?

Heydar Aliyev: Zunächst über die große Ölpipeline. Natürlich werden alle Varianten abgewogen. Es liegt noch keine endgültige Entscheidung zu diesem Thema. Deshalb ist es zu früh, um irgendeine Meinung zu äußern. Jedenfalls sieht das Konsortium vor, eine neue große Ölpipeline zu verlegen. Wir werden auf die Verlegung und Ausbeutung dieser Pipeline hineinarbeiten.

Was die Situation im Nordkaukasus betrifft, haben wir während der Verhandlungen mit Russland über die Durchführung der nördlichen Ölpipeline und Unterschreibung der Vereinbarung die Schwierigkeiten, die auf dem Wege dieser Pipeline entstehen können, berücksichtigt. Gleichzeitig haben wir die Tatsache berücksichtigt, dass Beseitigung dieser Schwierigkeiten möglich ist.

Frage: Herr Präsident, ich möchte wissen, wie es mit dem Vertrag über das Schahdeniz-Feld steht, ob die Verhandlungen in diesem Bereich schon zu Ende gehen? Ist die Liste der Unternehmen, die an der Ausbeutung des Schahdeniz-Felds teilnehmen werden, bestimmt worden? Wenn ja, welche sie sind? Ist die Beteiligung der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung an der Finanzierung des Feldes "Schahdeniz" vorgesehen?

Heydar Aliyev: Die Verhandlungen über die gemeinsame Ausbeutung des Schahdeniz-Feldes gehen zu Ende. Ich glaube, dass dieser Vertrag bald unterzeichnet wird. Eine Reihe von Gesellschaften der Welt haben Interesse für dieses Ölfeld. Wir führen mit ihnen Verhandlungen durch. Doch möchte ich keine Information darüber geben, mit welchen Gesellschaften wir in diesem Projekt zusammenarbeiten werden. Ich möchte nur sagen, dass Statoil und British Petroleum von Anfang an sehr viel in diesem Feld gearbeitet haben und natürlich nehmen an diesem Projekt teil.

Was die Projektfinanzierung betrifft, wird diese Frage gewöhnlich von den Gesellschaften des Konsortiums selbst gelöst. Wenn sie kommen und an einigen Projekten teilnehmen, haben sie schon also die finanziellen Fragen berücksichtigt und gelöst. Es ist möglich, dass sie die Hilfe der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder anderer Banken berücksichtigen werden. Danke.

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