Interview des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Heydar Aliyev dem Reporter des französischen Fernsehkanals "TV Arte" - Paris, den 14. Januar 1997


Frage: Herr Präsident, dieses Treffen mit Ihnen ist eine große Ehre für mich. Ihr Interview wird heute Abend durch Fernsehkanal "Arte" auf Französisch und Deutsch in ganz Europa übertragen werden.

Herr Präsident, ich werde Ihnen 4-5 Fragen stellen und bitte Sie, sie möglichst kurz zu beantworten, damit wir übersetzen können. Welche Hoffnungen hegen Sie auf Ihre Reise nach Frankreich, welche wirtschaftlichen und politischen Erwartungen haben Sie?

Antwort: Ich hoffe auf die Entwicklung und Erweiterung der französisch-aserbaidschanischen Beziehungen sowohl im wirtschaftlichen als auch im politischen Bereich.

Frage: Können Sie uns konkrete Information über die wirtschaftlichen Ergebnisse geben, die Sie während dieser Reise erhalten haben? Welche Perspektive eöffnen diese Ergebnisse Ihrem Land?

Antwort: Das größte Ergebnis ist es, dass ich mit dem Präsidenten Frankreichs Jaques Chirac ausführliche Verhandlungen über alle Fragen durchgeführt habe. Ich bin mit diesem Treffen, diesen Verhandlungen zufrieden. Nach diesem Treffen bin ich der Meinung, dass der französische Präsident Herr Jaques Chirac eine vollständige und objektive Information über Aserbaidschan bekam und an der Entwicklung der aserbaidschanisch-französischen Beziehungen in allen Bereichen, bzw. wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bereichen sehr interessiert ist. Der Höhepunkt des Treffens war die Unterzeichnung des langfristigen Vertrags zwischen zwei großen französischen Unternehmen "Elf Akiten" und "Total" und der Aserbaidschanischen Staatlichen Erdölgesellschaft. Die Unterzeichnungszeremonie fand im Elysee-Palast statt. Die Präsidenten Aserbaidschans und Frankreichs nahmen an der Zeremonie teil. Dieser Vertrag sichert das gemeinsame Organisieren der Arbeiten in zwei großen Erdölfeldern Aserbaidschans durch die Unternehmen "Elf Akiten", "Total" und die Aserbaidschanische Staatliche Erdölgesellschaft. Es ist Erdölförderung in diesen Feldern für 25 Jahre vorgesehen. Das ist ein sehr vorteilhafter Vertrag.

Frage: Herr Präsident, eben deshalb möchte ich Sie fragen, außer Öl noch welche Möglichkeiten im Vergleich zu Russland Aserbaidschan hat, welche Mittel es anwendet, um jetzige Krise zu überwinden?

Antwort: Wir wenden alle Mittel an, um diese Wirtschaftskrise zu überwinden. Außerdem werden die von uns bis heute abgeschlossenen Erdölverträge – übrigens, dieser ist der 5. Vertrag, den wir mit ausländischen Unternehmen abschließen – in einigen Jahren wirtschaftliche Nutzen bringen und der Überwindung der Krise beitragen. Ich kann nicht sagen, wie die Lage im Vergleich zu Russland sein wird. Ich will Aserbaidschan mit Russland nicht vergleichen. Russland ist ein sehr großer Staat.

Frage: Es sind einige Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion verlaufen, was meinen Sie, hat ihr Zerfall gute oder schlechte Ergebnisse für Aserbaidschan? Antwort: Der Zerfall der Sowjetunion ist sehr gut. Denn Aserbaidschan hat im Ergebnis dieses Zerfalls seine Unabhängigkeit erworben, ist zu einem souveränen Staat geworden. Das ist ein historischer Erfolg für Aserbaidschan.

Frage: Wenn Sie an die Zukunft Ihres Landes denken, welche Richtung ziehen Sie vor – Europa, Russland oder Osten?

Antwort: Als ein unabhängiger Staat, verfolgen wir eine unabhängige Politik. Deshalb wollen wir uns nach keiner Richtung umdrehen. Wir knüpfen gleichberechtigte und gegenseitig vorteilhafte Beziehungen mit allen Ländern an. Aus dieser Sicht schenken wir unseren Beziehungen sowohl mit den West- und Ostländern, als auch mit den USA und Russland gleiche Aufmerksamkeit. Auch deshalb schätzen wir die Entwicklung unserer Beziehungen mit Frankreich sehr hoch.

Frage: Herr Präsident, ich weiß, dass die Zeit knapp ist. Deshalb stelle ich meine letzte Frage. Was erwarten Sie von Frankreich bei der Lösung des Berg-Qarabagh-Konfliktes?

Antwort: Ich erwarte, dass Frankreich Aserbaidschan und Armenien gleich behandelt. Die Subjektivität bei der Lösung dieses Konflikts ist nicht zuzulassen. Für die Lösung des Konfliktes auf friedlichem Wege wurden Anfang Dezember auf dem OSZE-Gipfel in Lissabon die Grundsätze bestimmt. Das sind, erstens, die Anerkennung der territorialen Integrität der Republik Aserbaidschan und der Republik Armenien; zweitens, die Gewährung Berg-Qarabagh der Selbstverwaltung innerhalb Aserbaidschans, drittens, die Gewährleistung der Sicherheit der gesamten Bevölkerung von Berg-Qarabagh. Ich wünsche, dass Frankreich als Mitglied der OSZE-Minsk-Gruppe der Realisierung der obengenannten Grundsätze beiträgt und sich aktiv dafür einsetzt.

Reporter: Herr Präsident, ich bedanke mich bei Ihnen und wünsche Ihnen ein erfolgreiches Ende Ihrer Reise.

Heydar Aliyev: Ich danke Ihnen sehr.

Die Zeitung "Aserbaidschan", den 16. Januar 1997