Aus dem Gespräch zwischen dem Präsidenten der Republik Aserbaidschan Heydar Aliyev und der US-Delegation unter der Leitung des Sonderbeauftragten des Staatssekretärs für neue unabhängige Staaten Stiwen Sestanovitch - Präsidialpalast, den 21. Oktober 1999


Heydar Aliyev: Sehr geehrte Gäste, ich heiße Sie in Aserbaidschan willkommen. Ich begrüße Sie herzlich und freu mich, Sie wieder zu sehen.

Unsere Treffen ermöglichen uns, lieber die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und den USA sowie unter anderen die Lösung des Armenien-Aserbaidschan-Konflikts um Bergkarabach zu diskutieren.

Amerikanisch-Aserbaidschanische Beziehungen, finde ich, entwickeln sich insbesondere in ökonomischen und politischen Bereichen sehr erfolgreich. Stimmt, es gibt dabei auch offene Fragen. Aber das Niveau der Entwicklung dieser Beziehungen halte ich für hervorragend. Aber bezüglich des Bergkarabach-Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan haben wir uns nicht ausreichend engagieren können. Wollen wir berücksichtigen, dass die USA einer der Mitvorsitzenden der Minsk-Gruppe sind und dass das Jahr 1999 schon zu Ende geht.

Anfang September ist Herr Kavano nach Aserbaidschan gekommen. Ich habe schon beim Treffen mit ihm gesagt, noch einmal wiederhole ich jetzt, dass die Tätigkeit der Minsk-Gruppe ungenügend ist. Wir sind mit dem Engagement der Minsk-Gruppe und ihrer Mitvorsitzenden bzw. der USA nicht zufrieden. Man könnte doch im Laufe eines Jahres vieles schaffen. Jedoch fühle ich die letzte Zeit die steigende Aktivität der USA in Bezug auf dieses Problem. Vor allem aus den Briefen von Frau Albright und des Vize-Präsidenten Herrn Gor habe ich bemerkt, dass die USA für die Lösung dieses Problems immer aktiver agieren. Es freut mich sehr und ich hoffe, dass wir dadurch einigermaßen vorangehen können, aber nur falls diese Aktivität später wieder nicht sinkt.

Wie es Ihnen schon bewusst ist, hat im April durch Frau Albrights Vermittlung zwischen dem Präsidenten Armeniens Kotscharjan und dem Präsidenten Aserbaidschans in Washington ein Treffen unter vier Augen stattgefunden. Diese Treffen haben wir später noch fortgesetzt. Die Außenminister haben sich auch getroffen. Insbesondere beim Treffen der Außenminister von Aserbaidschan und Armenien während unserer Reise in Jalta haben wir das Gefühl bekommen, dass wir schon einigermaßen weiter gehen können. Später haben sich die Außenminister von Armenien und Aserbaidschan wieder dank der Initiative und Mediation von Frau Albright in New Jork getroffen. Ich schätze diese Initiativen hoch und finde sie als Zeichen davon, dass das Interesse der USA an der Lösung dieser Frage gestiegen ist und sie einige praktische Schritte gemacht haben.

Ich würde mir wünschen, dass diese Tätigkeit noch intensiver wird. Insbesondere aus dem Grund, dass im nächsten Monat, am 18-19. wird das Gipfeltreffen der OSZE stattfinden. Wir müssen natürlich zu diesem Treffen schon mit konkreten Ergebnissen kommen.

Ich weiß, dass sowohl in den USA als auch in anderen Ländern unter vier Augen geführtes Treffen der aserbaidschanischen und armenischen Präsidenten bevorzugt wird. Überhaupt, soviel ich weiß, schätzt die Weltgemeinschaft solche unmittelbaren Treffen sehr hoch, weil sie hofft, dass man auf diesem Weg die Lösung des Problems näher bringen oder sogar erreichen kann.

Nach diesem Treffen haben ich und Präsident Kocharjan bekannt gegeben, dass man sich für eine Lösung bestimmten Kompromissen beugen soll. Sonst ist das Problem unlösbar.

In Aserbaidschan nehmen einige Oppositionsfunktionäre diese Position sehr negativ entgegen. Sie lehnen Kompromisse oder Zugeständnisse jeder Art ab. Aber das ist nur ihre Position. Ich rechne damit, dass die aserbaidschanische Gesellschaft das positive Ergebnis unserer Bemühungen gerne akzeptieren wird.

Zusammengefasst, sind wir in solch einer Phase, dass wir Fortschritte erzielen können. Deswegen sollen wir natürlich viel verhandeln und uns beraten, was man tun kann, was nicht. Ich glaube, Sie können auch Ihre Meinung zu diesem Thema sagen. Bitte schön.

Stiwen Sestanowich: Vielen Dank, Herr Präsident. Es freut mich, mich mit Ihnen wieder zu treffen. Vor allem möchte ich Ihnen schöne Grüße von Präsident Klinton und Staatssekretär Albright ausrichten.

... Herr Präsident, Sie haben von dem hervorragenden Niveau der amerikanisch-aserbaidschanischen Beziehungen gesprochen und ich bin mit Ihrer Meinung einverstanden. Seit Ihrem Besuch in Washington 1997 haben diese Beziehungen sich entwickelt, sich ausgedehnt und ein höheres Niveau erreicht. Diese Beziehungen stützen sich auf einen reifen Rahmen gemeinsamer Interessen. Die gemeinsamen Interessen berühren verschiedene Bereiche, von der Erdölausbeutung aus bis zur Diplomatie.

Wie Sie schon wissen, unterstützen die USA die Bemühungen dieser Regionsländer, moderne politische, soziale und ökonomische Institutionen zu entwickeln und ihre Unabhängigkeit zu festigen. Die Gegenwart ist für unsere Beziehungen besonders wichtig. Wie gesagt, wird in einem Monat in Istanbul das Gipfeltreffen der OSZE stattfinden. Wir arbeiten zusammen und hoffen, dass sich die Leistungen unserer Beziehungen bei diesem Gipfeltreffen widerspiegeln werden.

Nehmen wir beispielweise den Energiebereich an, wir sind auch, wie Sie, durchaus interessiert, dass das Engagement zur Gründung der Baku-Ceyhan-Pipeline einen festen Rahmen bekommt. Meines Wissens haben Sie vor kurzem beim Treffen mit Präsidenten Damiral gesagt, dass dies eine große Errungenschaft in der Region sei.

Wir hoffen auch, dass sich im Istanbul-Gipfeltreffen der Prozess über konventionelle Waffen vollenden und sich der Vertag abschließen wird. Das ist in Interessen sowohl der USA als auch Aserbaidschans.

Wir arbeiten natürlich an der diplomatischen Angelegenheit um das Bergkrabach-Problem. Als Mitvorsitzende der Minsk-Gruppe wollen wir sehr, dass die Weltgemeinschaft für den Konflikt endlich eine Lösung findet und nach dieser Lösung strebt. Noch erfreut uns, dass Sie mit steigender Aktivität der Minsk-Gruppe zufrieden sind. Ich besinne mich, dass Sie bei Ihrem Treffen mit Staatssekretär Albright die Minsk-Gruppe und die USA zur intensiven Tat aufgerufen haben. Wir freuen uns nicht nur darüber, dass die Minsk-Gruppe ihre Intensität gesteigert hat, sondern auch darüber, dass ein unmittelbarer Dialog zwischen der armenischen Regierung und Ihnen geschaffen worden ist.

Wir haben in Ihrer Rede in Bezug auf die gegenwärtige Situation und das Istanbul-Gipfeltreffen den Begriff "Fortschritt" gehört. Wir warten ungeduldig auf Ihre Meinung über erzielte allgemeine Leistungen in den Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan. Das wäre natürlich eine bedeutende Prüfung einer Abkommensmöglichkeit. Die Weltgemeinschaft bzw. die Minsk-Gruppe kann bestimmt bei der Schaffung eines Abkommens helfen, aber selbst die Schaffung eines Abkommens fällt in die Verantwortung der Seiten. Wie Sie eben gesagt haben, sollen die Ergebnisse eines Abkommens für die Seiten ein Test sein, wieweit sie diesen Ländern genügen werden.

Lassen Sie mich bitte am Ende meiner Rede noch sagen, dass es trotz der schnellen Entwicklung der amerikanisch-aserbaidschanischen Beziehungen in den letzten zwei Jahren noch ein größeres Potenzial gibt, diese noch weiter zu bringen Die Projekte, an denen wir heute arbeiten und noch den kommenden Monat arbeiten werden, bilden Rahmenbedingungen für eine erweiterte Zusammenarbeit dar.

Ich bedanke mich bei Ihnen nochmals ganz herzlich, dass Sie uns empfangen haben und ermöglicht haben, über die Ergebnisse unserer Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen zu diskutieren.

Heydar Aliyev: Ich danke Ihnen. Sie haben das Anliegen Baku-Ceyhan berührt. Ich gebe bekannt, dass wir die letzten Monate an dieser Frage sehr intensiv gearbeitet haben. Unsere Delegation wirkt sowohl mit der türkischen Regierung als auch mit den Firmen, die Mitglieder des Konsortiums sind, u.a. mit den amerikanischen Firmen mit. Sie sagen, dass viele Probleme dabei aufgetaucht sind. Das Hauptproblem war, dass die Firmen, die heute zum Konsortium gehören, damals keine große Lust auf die Baku-Ceyhan-Pipeline gehabt hatten, d.h. sie waren an dieser Angelegenheit nicht so sehr interessiert gewesen.

Vor einem Jahr, am 29. Oktober letztes Jahr haben wir in Ankara eine Erklärung über diese Pipeline abgeschlossen. Jene Erklärung hat auch der Energieminister der USA Herr Richardson unterzeichnet. Im Laufe eines Jahres haben wir uns sehr intensiv engagiert. Aserbaidschans Position zu diesem Thema ist eindeutig und wir haben versucht, den von dem Konsortium, der Azerbaijan International Operation Company, vorgesehenen Hemmnissen -wie z.B. angeblich diese Pipeline kostet sehr viel usw. - Gültigkeit zu entnehmen.

In den letzen 25 Tagen hat unsere große Delegation in türkischer Hauptstadt Ankara mit der türkischen Regierung und den türkischen Firmen sehr intensiv zusammengewirkt. Demzufolge ist vereinbart worden, dass eine türkische Firma den Bau der Pipeline im türkischen Gebiet und da einzutreffendes Risiko übernehmen wird. Weil das Konsortium denn der Information der Türkei nicht geglaubt hat, dass die Baku-Ceyhan-Pipeline 2,4 Mrd. Dollar kosten wird. Deswegen haben sie Anspruch erhoben, dass die Türkei zusätzliche Kosten übernehmen muss, falls im Anschluss an den Bau die Kosten mehr als geplant sind. Die Türkei hat zuerst zugesagt, danach aber vorgeschlagen, dass die Türkei bereit wäre, die außerplanmäßigen Kosten nur für die Pipeline im türkischen Gebiet zu übernehmen, so dass das Risiko der Linie im aserbaidschanischen oder georgischen Gebiet bei dem Konsortium bzw. den Firmen fällt. Anders formuliert muss Aserbaidschan unter anderen dieses Risiko übernehmen, weil Georgien dabei keinen Anteil hat. Aber Gewinne des Konsortiums gehören sowohl zu denen, als auch Aserbaidschan. Ca. 1,4 Mrd. Dollar von 2,4 Mrd. fällt in die türkische Seite und 1 Mrd. in die aserbaidschanische und georgische Seiten. Die Firmen hatten dagegen protestiert.

Ich gehe davon aus, dass die Position der Vereinigten Staaten und insbesondere des Präsidenten Herrn Bill Clintons hat dazu beigetragen, dass die Firmen mit dieser Angelegenheit noch entschlossener angehen.

Diesen Monat, am 18. haben wir hier während des Besuchs des türkischen Präsidenten verehrten Herrn Suleyman Damirals diese Angelegenheit ausführlich diskutiert. Endlich haben wir dem Präsidenten Süleyman Demirel versprochen, dass wir, die aserbaidschanische Seite, die Verhandlungen mit den Firmen übernehmen, um diese Risiken ihnen zu überlassen. Wir haben diese Verhandlungen geführt. Heute hat der Chef der Firma "BP Amoco" Herr Jon Braun mir einen Brief geschickt, dass sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind. Wir haben diese Frage gelöst. Ein endgültiger Vertrag kann natürlich in Istanbul abgeschlossen werden.

Sie haben auch von der Erweiterung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Aserbaidschan gesprochen. Zweifelsohne gibt es auch dabei große Vorratsressourcen und man muss davon profitieren.

In den letzten Tagen habe ich den Präsidenten der Firma "Motorola", die eine große Firma in Amerika ist, hier empfangen. Sie haben einige Probleme mit unserem Kommunikationsministerium. Ich habe versprochen, sie zu lösen und erforderliche Maßnahmen zu treffen, damit sie zur Erweiterung ihrer Tätigkeit vorteilhafte Gegebenheiten haben.

Also, man kann die Schwierigkeiten hier, unabhängig davon, wie schwer sie sind, bewältigen. Im Armenien-Aserbaidschan-Konflikt gibt es Minsk-Gruppe und ihre Mitvorsitzende, die große Staaten wie die USA, Russland und Frankreich. Sie sagen uns aber immer, dass Sie uns helfen, aber wir selbst uns einigen sollen. Sie wissen, dass es sehr schwer ist. Denn 20 % des aserbaidschanischen Gebiets sind okkupiert worden, mehr als 1 Mill. Flüchtlinge wohnen in Zelten.

Vor zwei Tagen hat hier den ganzen Tag geregnet. Wir haben sogar in diesen Räumen bisschen Kälte gefühlt. Ich habe gedacht, wie die Menschen in Zelten wohnen. Unabhängig von den von uns getroffenen Maßnahmen ist es natürlich sehr schwer, sowohl im Winter als auch Sommer in Zelten zu wohnen. Deswegen müssen wir diese Fragen aufgeschlossen diskutieren und ich möchte das mit Ihnen besprechen.

Die Zeitung "Aserbaidschan", Den 22. Oktober 1999.

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