Aus dem Gespräch des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Herrn Heydar Aliyev mit der Delegation unter der Führung der amtierenden OSZE-Vorsitzenden, der Außenministerin von Österreich Frau Benita Ferrera-Waldner - Präsidentenpalast, den 18. Juli 2000

Heydar Aliyev: Sehr geehrte Frau Benita Ferrera Waldner!

Verehrter Minister,

verehrte Gäste!

ich begrüße Sie herzlich in Aserbaidschan und schätze Ihren Besuch unserer Region, einschließlich Aserbaidschan als die OSZE-Vorsitzende sehr hoch. Es scheint mir, dass es in der Tätigkeit der OSZE nichts Schwieriges gibt, als die Lösung des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes. OSZE beschäftigt sich mit diesem Problem seit 1992. Aber der Konflikt, wie Sie wissen, hat noch früher begonnen, und 1992 hat OSZE für die Lösung dieses Konfliktes die Minskgruppe gegründet. Jetzt sind die Ko-Vorsitzenden der Minskgruppe Russland, die USA und Frankreich.

Auf dem OSZE-Gipfeltreffen in Budapest 1994, in Lissabon 1996 und in Istanbul 1999 ist die Frage des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes besprochen worden. Auf dem Budapesttreffen 1994 und Lissabontreffen 1996 sind die wichtigen Beschlüsse, die auf die Lösung der Frage gerichtet sind, gefasst. Leider konnten wir sie nicht verwirklichen.

Ich will daran erinnern, dass die OSZE-Minskgruppe und ihre Ko-Vorsitzenden - Russland, die USA, Frankreich - zwei Vorschläge für die Lösung der Frage 1997 erhoben haben. Der erste Vorschlag, der "das Paket der Vorschläge" genannt ist, wurde im Juli 1997 erhoben, das heißt, ein Vorschlag für die gemeinsame Lösung der ganzen Frage. Wir haben diesen Vorschlag angenommen, Armenien aber nicht.

Im September 1997 haben die Minskgruppe und ihre Ko-Vorsitzenden einen neuen Vorschlag erhoben. Wir haben ihn angenommen. Und auch die armenische Seite - der ehemalige Präsident Armeniens und noch viele andere Menschen wollten diesen Vorschlag annehmen. Aber dann hat Armenien ihn abgelehnt. Sie wissen, dass danach der Machtwechsel in Armenien geschehen ist, und man kann sagen, dass wir im Jahre 1998 noch keine Vorwärtsbewegung in dieser Sache erreichen konnten.

Im April 1999 hat in Washington das Treffen des Präsidenten Armeniens Herrn Kotscharyan und des Präsidenten Aserbaidschans unter vier Augen begonnen. Danach fanden solche Treffen mehrmals im Laufe 1999 statt. Auf allen Treffen haben die Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan eine einheitliche Meinung vertreten: um die Frage zu regeln, sollen beide Seiten einen Kompromiss eingehen. Wir haben diese Kompromisse schon vereinbart.

Und später - Terrorakt, begangen im Oktober 1999 in Armenien, und nachfolgende Veränderungen haben, man kann sagen, unsere Verhandlungen unterbrochen. So vergeht die Zeit, die Frage ist aber noch nicht gelöst.

Sie wissen, dass im Mai 1994 zwischen Armenien und Aserbaidschan das Abkommen über den Waffenstillstand unterschrieben ist. Dieses Abkommen halten wir - sowohl Aserbaidschan als auch Armenien - bis heute ein. Ich meine, dass es eine große Errungenschaft ist. Weil es hier keine Unterbrechungs- oder Friedenskräfte zwischen den entgegenstehenden Armeeteilen gibt. Das bedeutet, dass sowohl Aserbaidschan, als auch Armenien den Waffenstillstand nicht brechen wollen. Doch ist die Frage bis jetzt noch nicht gelöst.

Sie wissen, dass als Ergebnis des Krieges die armenischen Streitkräfte nach einer Reihe von Gründen 20 % des Territoriums Aserbaidschans okkupiert haben, und dass bis jetzt es unter Besetzung ist. Mehr als eine Million Aserbaidschaner sind von den okkupierten Territorien gewaltsam vertrieben worden, die Mehrheit lebt jetzt in den Zelten, unter schweren Bedingungen.

Sehr geehrter Minister, ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie, ungeachtet des äußerst gespannten Programms Ihres Besuches, heute ein Zufluchtsort von Flüchtlingen besucht haben, ihre Lage mit eigenen Augen gesehen haben. Wir haben uns im Verlaufe unseres heutigen Gespräches unter vier Augen damit geeinigt, dass wir während Ihres nächsten Besuches auch die Flüchtlinge, die in den Zelten leben, zusammen besuchen werden. Aber ich glaube, dass Sie nach den heute von Ihnen Gesehenen genügend Vorstellung darüber bekommen haben, dass die Menschen so lange - im Laufe sechs, sieben, acht Jahre unter solchen Bedingungen nicht leben können. Doch sie leben noch, leiden Not. Weil wir - keine Anhänger der Kämpfe, des Krieges sind. Wir ertragen alle Schwierigkeiten, wir wollen den armenisch-aserbaidschanischen Konflikt auf friedlichem Wege lösen.

Sehr geehrte Ministerin, im Verlaufe des Gesprächs unter vier Augen haben wir unsere Meinungen in dieser Angelegenheit ausführlich ausgetauscht. Ich bin mit Verhandlungen mit Ihnen sehr zufrieden. Und heute will ich noch einmal betonen, dass die Minskgruppe und ihre Ko-Vorsitzenden ihre Tätigkeit für die Lösung der Frage unbedingt erweitern sollen.

Ich vertrete die Meinung, dass die unmittelbaren Treffen der Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans ebenfalls fortgesetzt werden sollen. Aber die Minskgruppe und ihre Ko-Vorsitzenden, ОSZE sollen sich gleichzeitig mit dieser Frage beschäftigen. Wir können nur auf diese Weise, alle zusammen die Lösung dieser Frage erreichen.

Sehr geehrter Minister, ich habe Ihnen gesagt, dass wir, der Präsident von Armenien und Präsident von Aserbaidschan, während unserer Verhandlungen unter vier Augen zur einheitlichen Meinung gekommen sind, dass wir für die Lösung der Frage bestimmte Kompromisse eingehen sollen. Ich habe auch heute Ihnen gesagt, dass ich auf dieser Position bestehe. Aber die Kompromisse sollen natürlich für die beiden Seiten akzeptabel sein. Und besonders, da Aserbaidschan der Verlustträger ist, sein Territorium okkupiert ist, soll man auch auf die Kompromisse unter dieser Berücksichtigung eingehen.

Es gibt internationale Rechtsnormen, es gibt die Prinzipien der OSZE, es gibt die Prinzipien der Helsinki Akte, die in Helsinki angenommen ist, dass die territoriale Integrität jedes Staates unverletzlich ist, die Grenzen jedes Staates unverletzlich sind. Aber leider sind im Laufe mehr als 10 Jahre sowohl die Grenzen, als auch die territoriale Integrität Aserbaidschans verletzt, 20% der Territorien sind von den armenischen Streitkräften okkupiert. Und OSZE konnte bis jetzt die Verwirklichung ihrer Prinzipien nicht erreichen.

Sehr geehrte Frau Ferrera-Waldner, wir haben uns mit Ihnen in Wien, während meines offiziellen Besuches Österreichs sehr ausführlich darüber unterhalten,. Die Tatsache, dass in diesem Jahr Österreich und persönlich Sie in OSZE präsidieren, setzt die große Verantwortung auf die Regierung Österreichs und auf Sie. Ich wünsche mir, dass der Staat, die Regierung Österreichs und Sie persönlich, sehr geehrte Ministerin, als amtierende Vorsitzende der OSZE, im Laufe Ihres Vorsitzes die Lösung dieser Frage erreichen könnten.

Die Gelegenheit nutzend wollte ich mit Ihnen meine wunderbaren Eindrücke von meinem offiziellen Besuch in Österreich teilen. Meine Treffen während dieses Besuches mit dem Herrn Präsident Klestil, dem Bundeskanzler Schüssel und persönlich mit Ihnen, mit anderen Staats- und Regierungsvertretern, die von uns unterschriebene Dokumente haben eine neue Etappe in den österreichisch-aserbaidschanischen Verhöltnissen geöffnet. Das alles gibt Hoffnung, dass jetzt Österreich Aserbaidschan besser kennenlernt. Ich meine, dass während dieses Ihren Besuches - sowohl während Ihres Aufenthaltes in Armenien, als auch des kurzfristigen Aufenthaltes in Aserbaidschan -Sie unsere Region besser als früher kennengelernt und gesehen haben, in welchen Zustand wir geraten sind. Deshalb haben wir mit Ihnen viel darüber gesprochen. In Anwesenheit der Delegation wende ich mich noch einmal an Sie und bitte, dass Sie sich im Folgenden mit diesen Fragen noch aktiver beschäftigen. Danke.

Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident,

Herr Außenminister, Mitglieder der aserbaidschanischen Delegation,

Gestatten Sie mir zu sagen, dass ich wirklich meinen Besuch dieser Region für ein sehr wichtiges Ereignis halte und glaube auch, dass es richtig war, zuerst Armenien besucht zu haben. Ich bin ganz zufrieden, dass mein Besuch in der Region mit der Zeit zusammengefallen ist, die gerade nach Ihrem offiziellen Besuch in Österreich eingetreten ist, und die Gelegenheit nutzend will ich Ihnen dafür danken, dass Sie mit uns Ihre Eindrücke von Ihrem Besuch in Wien geteilt haben.

Sie haben ganz richtig betont, dass der Vorsitz in der OSZE eine sehr große Verantwortung für Österreich und persönlich für mich ist. Gleichzeitig will ich bemerken, dass wir mit diesem Vorsitz zufrieden sind. Weil wir die Möglichkeit bekommen haben, unseren Beitrag zu der Lösung der vorstehenden großen Aufgaben zu leisten. Wir wollen unsere Chance ergreifen und Ihnen bei der Lösung dieser Probleme helfen.

Gestatten Sie mir auch mitzuteilen, dass ich mich immer bemüht habe, die ausführliche Information über diesen Konflikt zu erhalten, bei dessen Beseitigung wir helfen wollen, bis zum Frieden bringen wollen. Ich habe mich auch mit den vorherigen Etappen des friedlichen Prozesses in Zusammenhang mit diesem Konflikt vertraut gemacht. Bis zu meinem Besuch in der Region hat man mich ausführlich informiert - einerseits der Botschafter Kasprschik als mein spezieller Berater, und gleichzeitig die Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minskgruppe. Ich halte die Fortsetzung der direkten Kontakte zwischen den beiden Präsidenten für wichtig. Außerdem habe ich von den Verhandlungen mit Ihnen die Konsequenzen gezogen, dass Sie sehr wünschen, dass sich die Minskgruppe, neben Ihren direkten Verhandlungen, alle Mühe dafür gibt.

Ich will Ihnen mitteilen, dass wir uns bemühen werden, diese, die vor uns stehenden großen Aufgaben zu meistern. Wir werden streben, zusätzlichen Kontakte einzustellen, unsere Kraft anwenden, damit dieser äußerst komplizierte Verhandlungsprozess mit Frieden endet, und Herr Präsident, wie Sie betont haben, damit wir aufgrund der gegenseitigen Zugeständnisse die Lösung der Frage auf friedlichem Wege erreichen. Ich möchte sagen, dass ich von beiden Seiten den großen politischen Willen für die friedliche Regelung dieses Konfliktes gesehen habe. Ich hoffe, dass wir es nutzen können. Ich meine, dass wir diese Gelegenheit ausnutzen müssen.

Ich meine, dass wir auch beim Präsident Kotscharjan den politischen Willen bezüglich der friedliche Regelung des Konfliktes gesehen haben, und als Zeugnis dafür, haben wir die Tatsache gesehen, dass er sein gestriges Versprechen gehalten hat. Ich meine die Befreiung vier im Berg Karabach Gefangenen und zwei in Armenien, in Jerewan Gefangenen, jetzt befinden sie sich in Aserbaidschan.

Ich will sogar darüber sprechen, dass es mir die Gelegenheit geboten wurde, in Jerewan mit den drei aserbaidschanischen Gefangenen zu treffen. Sie wurden in den Isolierzellen des Ministeriums für nationale Sicherheit Armeniens gehalten. Ich habe mich mit ihnen getroffen. Wir haben gehofft, dass sie erst heute Aserbaidschan übergeben sein werden. Ich will mitteilen, dass diese Personen bereits in Aserbaidschan sind. Einer von drei Personen, mit denen ich mich getroffen habe, wurde in Chankendi gehalten. Aber er wurde nach Jerewan für die Behandlung im Krankenhaus gebracht.

Wie Sie bemerkt haben, hatte ich heute die Möglichkeit, mich auch mit einigen in Baku untergekommenen Flüchtlingen zu treffen und die schweren Bedingungen, unter denen sie leben, kennenzulernen. Ich will besonders betonen, dass diese Lage der Flüchtlinge auf mich, als eine Frau, einen außerordentlich tiefen Eindruck gemacht, eine große Spur gelassen hat. Ich habe dort gesehen, unter welchen schweren Bedingungen die Frauen-Flüchtlinge, die Kinder leben, habe mich mit der Lage der arbeitslosen Männer vertraut gemacht. Sie wollen alle in ihre Heimat zurückkehren und mit dem aktiven Leben beginnen.

Herr Präsident, als Bestätigung der von Ihnen Gesagten, erkläre ich noch einmal - ich habe Ihnen versprochen, dass ich während meines nächsten Besuches zusammen mit Ihnen die Lager der Flüchtlinge besuchen, mich auch mit den Flüchtlingen, die in den Zelten wohnen, treffen werde.

Herr Präsident, ich will sagen, dass ich sowohl Ihre Erklärung, als auch Ihr Versprechen über die notwendigen Aufträge für die Verstärkung der Tätigkeit der gemeinsamen Kommission, die sich mit der Suche der Verschollenen und Gefangenen beschäftigt, sehr hoch schätze. Ich glaube, dass solche besondere Weisungen von der aserbaidschanischen Seite, gerichtet auf die Belebung dieser schon existierenden Kommission, ein Merkmal der Treue Aserbaidschans dem friedlichen Prozess sind.

Herr Präsident, ich will Ihnen noch einmal versichern, dass wir die existierenden Möglichkeiten verwenden und zusätzliche Kraft anwenden werden, damit der friedliche Prozess vorangetrieben wird und sich der Frieden nähert. Ich möchte, wenn es keine Möglichkeit gibt, unter jetzigen Bedingungen einen völligen Frieden zu erreichen, dass die Verwirklichung von beiden Seiten der vertrauensfördernden Maßnahmen gewährleistet wird. Zwischen den Völkern besteht das große Misstrauen. Die Verwirklichung der vertrauensfördernden Maßnahmen kann für die Beseitigung des gegenseitigen Misstrauens sehr nützlich sein. Deshalb lade ich Sie ein, die möglichen Varianten, Gelegenheiten zu nutzen und anzustreben, solche Maßnahmen zu treffen.

Herr Präsident, gestatten Sie zu sagen, dass wir heute zusammen mit Ihrem Außenminister die Eröffnung des neuen Büros von OSZE in Aserbaidschan gefeiert haben. Mit dem Befriedigungsgefühl will ich mitteilen, dass der Leiter unseres neuen Büros in Aserbaidschan und sein Stellvertreter schon ernannt sind. Und sie gehören heute zum Bestandteil der Delegation. Herr Cornelissen ist der Leiter der OSZE - Vertretung in Aserbaidschan. Er kommt aus Holland, und sein Stellvertreter - aus Polen. Wir hoffen, dass die Eröffnung des OSZE - Büros in Aserbaidschan als nächster Schritt in der Annäherung Aserbaidschans und dieser Region mit Europa eine wichtige Rolle spielen wird.

Die Gelegenheit nutzend will ich Ihnen im Namen der Parlamentarischen Vollversammlung der OSZE zum Beschluss über die Aufnahme Aserbaidschans in dem Europarat gratulieren. Üblicherweise beschäftigt sich der Ministerkomitee mit diesen Fragen ausführlicher. Ich bin sicher, dass sie diesen Beschluss bald bestätigen werden, und die Aufnahme Aserbaidschans in dem Europarat beendet sein wird.

Im Verlaufe des gestrigen Treffens mit dem Außenminister Aserbaidschans habe ich viele Fragen abgeschnitten und wir haben eine Reihe von verschiedenen Fragen besprochen. Ich will noch einmal auf eine dieser Fragen eingehen.

OSZE stimmt den Einfügungen ins Gesetz "Über die zentrale Wahlkommission" und seiner Aufnahme mit den Änderungen zu. Wir haben unsere Meinung in diesem Zusammenhang sowohl auf dem Treffen mit Ihnen, als auch der Öffentlichkeit erklärt. Andererseits bedauern wir, dass es auch im neuen Gesetz über die nächsten Parlamentswahlen eine Reihe von ernsten Mängeln gibt. Wir meinen, dass einer davon darin besteht, dass man in diesem Gesetz einen Schritt zurück gemacht hat: einer Partei, die sich wesentlich früher vor dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes registriert wurde, hat man keine Möglichkeit gegeben, an diesen Parlamentswahlen teilzunehmen, der Partei wurde diese Möglichkeit entzogen.

Gestatten Sie die Hoffnung darauf zu äußern, dass es noch Möglichkeiten für die Beseitigung dieser und anderer Mängel gibt, und das vorliegende Gesetz noch mehr vervollkommnet werden kann. Das Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE steht Ihnen zur Verfügung. Sie können seine Empfehlungen nutzen.

Herr Präsident, ich will auch auf die Frage der regionalen Zusammenarbeit eingehen. Heute bekommt die interregionale Zusammenarbeit in vielen Regionen der Welt allmählich einen breiten Schwung. Wir sehen das auf dem Beispiel der regionalen Zusammenarbeit, die sich sowohl im Rahmen der Europäischen Union, als auch in vielen Orten der Welt erweitert. Solch eine Zusammenarbeit, die sich zwischen den einzelnen Regionen der Welt entwickelt ist, wirkt auf die Erhöhung der Lebensstandarten der Bevölkerung, die in den genannten Regionen wohnt, und die beste Versorgung ihres Lebens ein.

Ich habe diese Frage in Georgien mit Präsident Edouard Schevardnadze und in Armenien mit Präsident Robert Kotscharjan besprochen. Herr Präsident, deshalb möchte ich Ihre Position, Ihre Meinung über die regionale Zusammenarbeit erfahren und Ihren Standpunkt kennenlernen.

Herr Präsident, nochmals bedanke ich mich bei Ihnen.

Heydar Aliyev: Verehrte Ministerin, ich bedanke mich für Ihre wertvollen Gedanken und Empfehlungen.

Ich habe schon bei unserem Gespräch unter vier Augen gesagt, dass das Hauptproblem für uns die Regelung des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes, die Befreiung der okkupierten Territorien unserer Republik, die Wiederherstellung der territorialen Integrität unseres Landes und die Rückkehr mehr als einer Million Aserbaidschaner zu den Heimatorten ist.

Ich glaube, dass es solch eine erschreckende Situation in keinem Land der Welt gibt: eine Million Menschen lebt in ihrem Land als Flüchtlinge. Deshalb schätze ich Ihre Bemühungen auf diesem Gebiet. Ich bitte OSZE, Sie persönlich als OSZE-Vorsitzende und die Außenministerin vom freundlichen Österreich, ihr Bestes für die Lösung dieser Frage zu tun. Ich habe Ihnen schon gesagt, - Sie haben Vorsitz in der OSZE bis zum Ende dieses Jahres - bemühen Sie sich in dieser Periode eine Entwicklung auf diesem Gebiet zu erreichen.

Wir wollen Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan, in der kaukasischen Region, im Südkaukasus. Deshalb halten wir solche schwere Lage aus. Jede Geduld hat doch bestimmte Grenzen. Sowohl Sie, als auch die OSZE, die Minskgruppe, die UNO müssen wissen, dass solche Ungerechtigkeit gegen Aserbaidschan Ende finden soll. Ich bitte Sie noch einmal, dass Sie das als eine vordringliche Angelegenheit in Ihrer Tätigkeit betrachten.

Ich bin Ihnen für die Bemühungen sehr dankbar, die Sie sich nach Ihrer Rückkehr aus Armenien für die Befreiung der Aserbaidschaner, die sich dort in der Gefangenschaft befinden, und ihre Zustellung in unser Land gegeben haben.

Ich habe Ihnen schon gesagt und wiederhole es noch einmal, dass es in Aserbaidschan keinen Gefangenen aus Armenien gibt. Doch lebten dort während des Krieges - jedenfalls laut den Listen, die unsere bevollmächtigten Organen vorgelegt haben und dem Dossier, das für jeden Menschen abgefasst wurde, - mehr als 800 Aserbaidschaner als Gefangene. Ich weiß nicht, ob sie zur Zeit am Leben sind, was mit ihnen los ist. Aber vor einigen Jahren hatten wir die genaue Information darüber. Ich meine, dass es nötig ist, auch dieser Frage Aufmerksamkeit zu schenken.

Ihr Aufenthalt hier ist ebenfalls mit einem großen bedeutenden Ereignis verbunden - in Baku ist das Büro der OSZE eröffnet. Ich gratuliere Ihnen und uns selbst zu diesem Ereignis. Da es sowohl nach Ihrem, als auch nach unserem Wunsch geschehen ist.

Wir haben seit langem mit der Eröffnungsarbeit dieses Büros begonnen. Es ist aber erfreulich, dass dieses Büro mit Ihrer Teilnahme, d.h. mit der Teilnahme des OSZE-Vorsitzenden eröffnet wurde. Ich glaube, dass sie hier eine erfolgreiche Tätigkeit verwirklichen und uns eine bedeutende Hilfe bei unserer Zusammenarbeit mit der OSZE leisten werden. Es wird natürlich bei vielen Fragen der Entwicklung unserer Verbindungen mit der OSZE helfen - jetzt beschäftigen sie sich nicht mit der Frage des armenisch-aserbaidschanischen Berg-Karabach-Konfliktes, sondern mit anderen Fragen.

Ich danke Ihnen für die Bemühungen, die Sie für die Aufnahme Aserbaidschans in dem Europarat gegeben haben. Ich äußere meine Dankbarkeit sowohl der Regierung Österreichs, als auch Ihnen, als der amtierenden Vorsitzenden OSZE. Heute haben Sie mit der Erklärung aufgetreten, dass die Sitzung der Ministerkomitee die Verordnung über diese Frage verabschieden wird. Das begeistert uns sehr.

Ich habe mehrmals gesagt, dass der Beitritt zum Europarat einerseits ehrenvoll ist, andererseits aber ist es mit der Übernahme der neuen, großen Verantwortung verbunden.

Aserbaidschan ist ein Land, das auf dem europäischen Kontinent liegt. Doch besteht seine Besonderheit auch darin, dass es am Schnittpunktvon Europa und Asien, Westen und Osten liegt. Wir spielen eine besondere Rolle in der Vereinigung der östlichen Kultur, der östlichen Werte mit den westlichen. Deshalb meine ich, dass wir das Land sind, das der Europarat benötigt. Wenn wir zum vollberechtigten Mitglied des Europarates werden, wird das nicht nur für uns, sondern auch für den Europarat nützlich sein. Wir verstehen auch unsere Verantwortung. Unsere Verantwortung wird größer. Wir sind bereit dazu.

Im November finden in Aserbaidschan neue Parlamentswahlen statt. Ich glaube, dass wir im Laufe der vergangenen fünf Jahre nach den vorigen Parlamentswahlen einen großen Weg auf dem Gebiet der Demokratie zurückgelegt haben - wir haben die Todesstrafe aufgehoben, die Pressefreiheit völlig gewährleistet, in Aserbaidschan gibt es alle Freiheiten - Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Gewissensfreiheit. Doch wir meinen nicht, dass wir sehr vieles erreicht haben. Der Weg der Demokratie ist sehr lang. Ich glaube, dass Sie auch das Ziel noch nicht erreicht haben. Stimmt es?

Benita Ferrero-Waldner: Ja.

Heydar Aliyev: Aber wir sind am Anfang des Weges. Glauben Sie daran, dass wir auf diesem Weg schreiten und künftig schreiten werden.

Ich verstehe Ihre Gedanken über das Wahlgesetz. Vielleicht ist es Ihnen bekannt, dass ich mich bei der Besprechung dieser Frage im Parlament an Milli Medschlis anlässlich einiger Artikel dieses Gesetzes gewandt habe. Das sind gerade jene Artikel, über die Sie ihre Meinung geäußert haben. Aber das Parlament hat meinem Brief nicht beigestimmt. Ich meine, dass es auch in Ihrem Parlament recht viele solche Fälle gibt.

Doch werden wir unsere Bemühungen auf diesem Gebiet fortsetzen. Sie können sicher sein, dass die Parlamentswahlen in Aserbaidschan im November nach unseren maximalen Möglichkeiten unter den Bedingungen der Demokratie, Öffentlichkeit, Durchsichtigkeit verlaufen werden. Wir werden auf diesem Gebiet auch mit dem OSZE-Büro in Baku zusammenarbeiten.

Ich will mitteilen, dass sich der Vertreter des Büros für Demokratischen Institutionen und Menschenrechte schon hier, in unserem Wahlausschuss befindet. Er befindet sich im Wahlausschuss und wird dort bis zum Ende der Wahlen bleiben. Wir haben selbst gewünscht, dass er alles prüft, uns seine Hilfe bei der Lösung der entstehenden Fragen, Verbesserung der begangenen Fehler leistet. Wie ich schon gesagt habe, werden wir unsere Bemühungen auf diesem Gebiet fortsetzen.

Ich danke Ihnen noch einmal. Ich will meine Überzeugung daran äußern, dass Sie aufgrund unseres ausführlichen Gesprächs Ihre Bemühungen um die Lösung der Hauptfrage fortsetzen werden. Danke sehr.

Benita Ferrero-Waldner: Vielen Dank, Herr Präsident. Ich will nochmals erklären, dass wir alles Mögliche tun werden, um unseren Beitrag zu diesem friedlichen Prozess zu leisten. Die von den Präsidenten geführte Verhandlungen - einerseits, und die Aktivierung der Tätigkeit von OSZE - andererseits, erlauben uns zu hoffen, dass wir bald die Regelung dieses Konfliktes erreichen können. Nach der Rückkehr werde ich den Ko-Vorsitzenden der OSZE Auftrag geben, damit sie auch ihre Bemühungen aktivieren. Ich danke Ihnen nochmals.

Heydar Aliyev: Wie Sie sehen, sind alle unsere Pressevertreter hier. Sie haben unser ganzes Gespräch gehört. Gibt es Notwendigkeit, nochmals vor ihnen aufzutreten?.

Benita Ferrero-Waldner: Ich meine, dass es keine Notwendigkeit dafür gibt.

Heydar Aliyev: Ich bin gleicher Meinung. Ich danke ihnen auch, dass sie unsere Gedanken gehört haben. Vielen Dank.

Die Zeitung "Bakinskiy rabotschiy", den 18. Juni 2000.