Rede des Präsidenten Aserbaidschans Heydar Aliyev auf der Internationalen Konferenz über Probleme der Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge in Aserbaidschan - Baku, Sitzungssaal des Regierungshauses, den 16 Oktober 1996

Meine sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Gäste,

ich begrüße Sie - die Teilnehmer der Internationalen Konferenz über Probleme der Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge recht herzlich und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Teilnahme an der Konferenz.

Die Konferenz, die auf Initiative von dem Komitee der Muslime Asiens und der Internationalen Islamgemeinschaft "Nidschat" zustande kam, bedeutet für unsere Republik und unser Volk sehr viel. Die Probleme der Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge sind im Allgemeinen von den wichtigsten Problemen, die die Weltgemeinschaft, internationale Organisationen und friedliche Menschen beschäftigen und beunruhigen. Das Interesse des Komitees der Muslime Asiens und der Internationalen Islamgemeinschaft "Nidschat" an diesem Problem und insbesondere ihre Sorgen wegen des scharfen Niveaus des Problems in Aserbaidschan und ihre diesbezügliche Veranstaltung sind lobenswert und wichtig.

Ich möchte besonders unterstreichen, dass die Durchführung dieser Konferenz, die Bekanntschaft mit dem Problem, das das heutige Leben der Republik Aserbaidschan in ihrer schweren Transformationsperiode erschwert, sowie der Beitrag zur Lösung dieses Problems auf Initiative von der Islamgemeinschaft "Nidschat" gewährleistet wurden. Das Komitee der Muslime Asiens und die Internationale Islamgemeinschaft "Nidschat" haben auch die Vertreter einiger muslimischer Länder hier eingeladen. Kurz gefasst, diese Konferenz trägt nicht nur einen sozio-ökonomischen, sondern auch einen bedeutenden moralischen Charakter. Das ist ein Zeichen der Umsetzung und Weiterleitung der Traditionen der Religion der Islam und seiner Prinzipien.

Der Islam hat den Humanismus, Frieden, die Hilfe für Leidende und Unterstützung der Menschen mit Schwierigkeiten und in Not zu eigenen Hauptprinzipien gemacht. Die Religion und Moral des Islam sowie seine Sitten sind genau auf Basis solcher Weltwerte entstanden, haben sich Jahrhundert für Jahrhundert entwickelt und zeigen heutzutage noch der ganzen Welt ihren Humanismus, ihre Friedlichkeit und Menschenfreundlichkeit.

Das aserbaidschanische Volk versteht das alles sehr gut. Obwohl das aserbaidschanische Volk über 70 Jahre von seinen Werten, Sitten und seiner Religion isoliert gelebt hat, hat es nie seine Zugehörigkeit zum Islam vergessen, seine Werte verlassen und ist immer dem Wunsch der Wiedereroberung seiner islamischen Werte treu geblieben. Seit der Erwerbung der Unabhängigkeit ist in unserem Land die Erfüllung dieser heiligen Gefühle und Wünsche wieder möglich geworden. Diese Gefühle waren immer so stark und existenzfähig gewesen, dass sie im Laufe von Jahrzehnten ihre Kraft nicht verloren und entstandene Gegebenheiten sofort genutzt haben, um wieder aufzuerstehen. All das ist die Realität der unabhängigen Republik Aserbaidschan. Das ist Zeichen des Treubseins aserbaidschanischen Volkes für seine nationalen, religiösen und moralischen Werte. Das einigt uns weiter, das verbindet aserbaidschanisches Volk mit den anderen Völkern des Islam sowie verstärkt und treibt diese Verbindung voran.

Diese Gefühle fanden ihren Platz sowohl in unserer Staatspolitik als auch in Wünschen des Volkes. Aserbaidschan pflegt als ein unabhängiger Staat gegenseitige Beziehungen zu allen Staaten der Welt und verstärkt seine Unabhängigkeit von Zeit zu Zeit. Aserbaidschan ist Mitglied aller internationalen Organisationen und erwarb eine verdiente Stelle auf der internationalen Bühne. Aserbaidschan ist auch Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz. Aserbaidschan ist entschlossen, enge Beziehungen mit allen Ländern der Organisation der Islamischen Konferenz aufzubauen und sie voranzutreiben. Wir setzen unsere Politik auch in der Zukunft weiter.

Die Aserbaidschaner, nämlich die Muslime Aserbaidschans machen zu heiligen Orten sehr gerne Reise. Auf Einladung des Maliks Saudi Arabiens und Patrons beider heiligen Städten bin ich 1994 mit einem offiziellen Besuch in diesem Land eingetroffen. Ich halte meine Pilgerreise in die für Muslime heiligen Städte Mekka, Madina und Kaba für die glücklichsten Tage meines Lebens.

Ich gehe davon aus, dass diese Gefühle uns immer geholfen haben, einen Ausweg während aller Schwierigkeiten zu finden, und sie werden uns sicherlich weiter helfen.

Aus dieser Sicht her sollen die Prozesse in der und um die Republik Aserbaidschan herum alle islamischen Länder und Staaten aus der nächsten Nähe interessieren. Es ist der ganzen Welt bzw. unseren verehrten Gästen bekannt, dass aufgrund der vor acht Jahren durch Armenien durchgeführten militärischen Aggression wurde 20 % des Staatsgebiets Aserbaidschans okkupiert und mehr als eine Million Aserbaidschaner, also Muslime aus ihrem Heim vertrieben und zu Flüchtlingen wurden. Sie leben seit einigen Jahren in sehr schwerer Lage. Sie wurden in 58 Bezirken, Städten und Siedlungsstätten Aserbaidschans untergebracht. Es ist sehr schwer, im Zelt zu leben.

In der Vergangenheit haben unsere Vorfahren in Zelten gelebt. Sowohl in den Wüsten Saudi Arabiens als auch in Aserbaidschan gab es viele Zelte. Aber unsere Länder haben sich wie die ganze Welt entwickelt, die Menschen haben Wohnhäuser gebaut und sie wohnen jetzt in den allen Standards entsprechenden Wohnungen und müssen auch in solchen Wohnungen wohnen. Aber stellen Sie sich vor, dass die Aserbaidschaner, Muslime, die ihr ganzes Eigentum und Heim verlassen haben, leben seit vier Jahren in Zelten. Unerträgliche Hitze und gefährliche Insekte im Sommer, Schnee, Gewitter, Kälte und Regen im Winter. Stellen Sie sich vor, wie geduldig die Aserbaidschaner sind. Es ist eine Eigenschaft der Muslime und unserer moralischen Werte, Geduld zu haben. Aber weder wir noch die Weltgemeinschaft noch die Islamwelt und -organisationen können sich mit dieser Situation abfinden. Das sind die militärische Aggression und Ungerechtigkeit gegenüber unserem Volk und Versuche, unser Volk unter Joch zu halten.

In okkupierten Gebieten Aserbaidschans wurde das Erbe unseres Landes, Volkes und unserer Nation ruiniert. Tausende, Zehntausende Wohnhäuser, Unternehmen, Schulen, Krankenhäuser, Kulturpaläste, Moscheen, Tempel, historische Denkmäler und heilige Denkmäler des Islam wurden ruiniert. Das liegt natürlich außerhalb der Menschlichkeit und ist reine Wildheit. Leider begegnen wir hier, im Kaukasus, im Gebiet Aserbaidschans, in einem muslimischen Raum solchen Barbareien und zwar Ende des 20. Jahrhunderts, während die Welt ein hohes kulturelles Entwicklungsniveau erreicht hat.

Aserbaidschanisches Volk ist friedlich. Die unabhängige Republik Aserbaidschan führt eine friedliche Politik durch. Wir versuchen, den militärischen Konflikt friedlich beizulegen. Obwohl ein großer Teil des Staatsgebiets der Republik Aserbaidschan unter Okkupation ist, und trotz der großen materiellen Schäden, trotz des hohen Menschenverlustes, der vergossenen Blut und gegebenen Opfer wollen wir dieses Problem friedlich lösen, aber mit Treue zum Geist der Kriegsopfer.

Diesbezüglich haben wir im Mai 1994 mit Armenien ein Abkommen über den Waffenstillstand unterzeichnet. Seit zweieinhalb Jahren gibt es keine Gefechte zwischen Armenien und Aserbaidschan, kein Blut wird vergossen, die Menschen leben einigermaßen in Frieden. Aber gleichzeitig gibt es keinen festen Frieden. Wir bemühen uns und werden uns immer bemühen, das Problem friedlich zu lösen. Wir sind nicht für die Wiederherstellung des Kriegs und des Blutvergießens. Wir können auch die Okkupation unserer Gebiete für längere Zeit nicht akzeptieren. Wir können nicht dulden, dass mehr als eine Million Aserbaidschaner noch länger in schweren Umständen, in Flüchtlingsbedingungen, von ihrem Heim vertrieben leben. Deswegen bemühen wir uns um die Befreiung unserer okkupierten Gebiete. Wir fordern die Heimkehr der Vertriebenen. Wir fordern die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Republik Aserbaidschan. Wir wollen die Stiftung des festen Friedens im Kaukasus zwischen Armenien und Aserbaidschan und wir arbeiten vehement daran.

Zweifelsohne werden große Bemühungen für die Lösung dieses Problems benötigt. Die Lösung dieses Problems auf Gerechtigkeitsprinzip benötigt die Mitmachung aller internationalen Organisationen. Die Organisation der Islamischen Konferenz ist auch nicht ausgenommen. Wir brauchen Bemühungen der islamischen Länder, die für uns Bruderländer sind. Diese Gelegenheit nutzend möchte ich meine Hoffnung hervorheben, dass wir bedeutende Hilfsleistungen von allen Ländern bzw. islamischen Ländern und nachhaltige Unterstützung von den islamischen Organisationen bekommen werden, um unsere friedliche Politik durchzuführen, die territoriale Integrität der Republik Aserbaidschan zu gewährleisten, unsere okkupierten Gebiete zu befreien und die Heimkehr unserer Bürger zu ermöglichen.

In solchen schweren Umständen benötigen wir die Hilfe, um das Existenzminimum der Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge zu gewährleisten. Diese Hilfe wird Aserbaidschan von internationalen Organisationen, dem Ausschuss der UNO für Humanitäre Fragen, humanitären Organisationen einzelner Länder geleistet. Wir bekommen humanitäre Hilfe von verschiedenen Ländern. Ich spreche unseren schönen Dank für die Länder und Organisationen aus, die den in Aserbaidschan lebenden Flüchtlingen bzw. Binnenflüchtlingen und Menschen mit schweren Wohnbedingungen helfen. Das Komitee der Muslime Asiens und die Internationale Islamgemeinschaft "Nidschat" leisten auch Aserbaidschan dauerhafte humanitäre Hilfe.

Die Abhaltung dieser Konferenz und der Besuch von Vertretern einiger islamischen Länder dieser Konferenz und ihre Teilname an dieser Veranstaltung eröffnen, meines Erachtens, neuen Spielraum für diese Länder und Organisationen zur Gewährleistung größerer Hilfe für Aserbaidschan. Ich halte diese Konferenz eben für eine Veranstaltung solcher Tragweite. Ich hoffe, die Teilnehmer der Konferenz, verehrte Gäste werden die Realität Aserbaidschans und die Lage der Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge näher kennenlernen, indem sie die Zelte besuchen und mit den Bewohnern dieser Zelte reden sowie die erhaltenen Informationen über Aserbaidschan in ihren Ländern und Organisationen verbreiten und das positive Image Aserbaidschan weiter verstärken, die Beziehungen mit Aserbaidschan erweitern und die humanitäre Hilfe für Aserbaidschan ausdehnen.

Als ein Staatspräsident möchte ich zu Ihrer Kenntnis stellen, dass die humanitäre Hilfe mit der schweren Lage unseres Landes gebunden ist. Aber die sozio-politischen Prozesse, Reformen und Maßnahmen in sozialen und ökonomischen Bereichen Aserbaidschans werden Aserbaidschans Wirtschaft in naher Zukunft zu einer großen Entwicklung treiben. Es kann sein, dass nur dann wir keine humanitäre Hilfe mehr brauche würden. Aber heutzutage brauchen wir diese Hilfe, weil unsere Republik militärische Aggression erlebt, in Isolierungsbedingungen lebt, verschiedene ausländische Drücke bekommt und mehr als eine Million Flüchtlinge bzw. Binnenflüchtlinge hat. Um diese Bedürfnisse zu decken, gehe ich davon aus, internationale humanitäre Organisationen bzw. das Komitee der Muslime Asiens, die Internationale Islamgemeinschaft "Nidschat" und die islamischen Länder werden ihre humanitäre Hilfe für Aserbaidschan verstärken und ausdehnen.

Ich halte die Teilnahme einzelner Länder an der heutigen Konferenz für einen wichtigen Faktor bei der Vertiefung der Beziehungen zwischen unseren Ländern. Hoffentlich werden unsere verehrten Gäste in eigenen Ländern ausführliche Informationen über unsere Republik verbreiten und die Hilfe für Aserbaidschan und die Näherung ihrer Länder an Aserbaidschan veranstalten.

Ich begrüße Sie nochmals und wünsche Ihnen Gesundheit und alles Gute! Viel Erfolg auch auf der Konferenz! Vielen Dank.