Interview des Präsidenten Heydar Aliyev für das Republikanische Nationale Fernsehen nach der Rückkehr von der Reise in die westeuropäischen Länder - 27. April 1996


Heydar Aliyev: Wenn auch dieser Besuch viel Zeit kostete, denke ich, sind die während des Besuchs gemachten Arbeiten wirklich sehr wertvoll. Wie Sie wissen, seitdem ich mich von Baku aus auf den Weg gemacht habe, also seit dem 21. April, war sehr intensive Arbeit während dieses Besuchs zu erledigen. Und dies war in erster Linie mit der Durchführung der erforderlichen Maßnahmen für die Sicherung der Interessen Aserbaidschans verbunden, wobei  alle möglichen Mittel verwendet wurden. Der erste Teil dieses Besuchs war mit der Unterzeichnung des Abkommens über die Zusammenarbeit und Partnerschaft der Aserbaidschanischen Republik mit der Europäischen Union verbunden. Wir unterzeichneten diesen Vertrag. Die feierliche Unterzeichnung war ein sehr großes Ereignis.

Wie Sie wissen, waren die Länder der EU durch die Außenminister vertreten. Dies war auch mit der Zeremonie der Unterzeichnung des Abkommens Aserbaidschans und anderer kaukasischen Länder, sowie - Georgiens, Armeniens mit der Europäischen Union verbunden. Noch einmal möchte ich unterstreichen, dass es sich um ein historisches Ereignis gehandelt hat. Ich denke, dass die Unterzeichnung dieses Abkommens die Position Aserbaidschans als eines unabhängigen Staates noch mehr stärkt, gleichzeitig eine Erscheinung der Umsetzung der Maßnahmen im Einklang mit der europäischen Demokratie im internen, gesellschaftlichen Leben unserer Republik, der Wirtschaft und in anderen Bereichen ist. Wie sie sich daran erinnern, unterstrichen das auch die Vertreter der Europäischen Union und deren Mitglieder. Ich schätze das sehr hoch. Ich denke, dass dies ein großes Ereignis im Leben Aserbaidschans und ein sehr wertvoller Schritt für die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union ist. Zweifellos wird es positive Ergebnisse geben.

Zur gleichen Zeit haben wir einige andere Treffen in Luxemburg durchgeführt. Wir haben  mit dem Vorsitzenden der Wirtschaftskommission der Europäischen Union, Jacques Santer, Oberstkomissar Van-Den Bruk Gespräche über die heutige Situation und künftige Perspektiven der Zusammenarbeit in Brüsssel durchgeführt. Das alles ist sehr wichtig, weil all dies erforderliche Maßnahmen für die Durchführung der vielseitigen (bilateralen) Zusammenarbeit mit der Europäischen Union sind. Insbesondere wurden bei den Verhandlungen mit Jacques Santer und Den Bruk wirtschaftliche Zusammenarbeit, d.h. das Programm der Europäischen Union TACIS TRACECA, die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des Programms über humanitäre Hilfe diskutiert. Es ist sehr wichtig. Ich denke, dass alles zusammen die Zusammenarbeit zwischen Aserbaidschan und der Europäischen Union zeigt.

Ich war im Hauptquartier der NATO in Brüssel, traf mich mit dem NATO-Generalsekretär. Ich war dort im Mai 1994 um das "Partnerschaft für den Frieden"-Programm der NATO zu unterzeichnen. Allerdings setzten wir unsere Zusammenarbeit auch weiter fort. Im Rahmen dieses Programms habe ich ihnen das Dokument der Präsentation unserer Republik vorgelegt, um diese Zusammenarbeit noch mehr zu bestätigen.

Ich denke, dass auch unser Gespräch mit dem NATO-Generalsekretär sehr aussagekräftig und signifikant war. Ich habe ihm meine Gedanken für die Bewahrung der Unabhängigkeit Aserbaidschans mitgeteilt und wir haben Meinungen ausgetauscht. Das war sehr wichtig für uns.

Korrespondent: Herr Präsident, die Beziehungen zwischen der NATO und unserer Republik bilden manchmal bei vielen Leuten solche Vorstellungen, - das geht auch vom bestimmten Wunsch aus, - dass zwischen der NATO und Aserbaidschan eine enge Zusammenarbeit entstanden ist. Aber vielleicht sind dies in der Tat die ersten Kontakte und es wird der Grundstein für eine  Zusammenarbeit gelegt.

Heydar Aliyev: Ja, es wird der Grundstein für eine Zusammenarbeit gelegt, da die im Jahr 1994 von der NATO erklärte Herausforderung die "Partnerschaft für den Frieden" ein Aufruf zum Frieden ist. Auch der Inhalt und die Bedeutung der Verhandlungen mit dem NATO-Generalsekretär bestehen darin, den Beitritt Aserbaidschans zu diesem NATO-Programm und die Zusammenarbeit, mit dem Ziel der Friedendsverstärkung in Europa, sowie in unserer Region zu erreichen. Das sind Friedensverhandlungen. Ich denke, man soll es so akzeptieren. Natürlich werden wir unsere Zusammenarbeit in dieser Richtung fortsetzen.

In Luxemburg, Brüssel hatte ich auch bilaterale Gespräche. Unsere Gespräche mit dem deutschen Außenminister Herrn Kinkel waren sehr bedeutsam und interessant. Mein Treffen mit dem Präsidenten von Armenien Levon Ter-Petrosjan in Luxemburg war sehr nützlich. Dieses Treffen fand auf die Initiative der beiden Seiten - sowohl Armeniens als auch Aserbaidschans statt. In diesem Treffen und den Verhandlungen - als Folge der direkten Verhandlungen zwischen den Präsidenten beider in den Konflikt geratenen Länder - haben wir zum ersten Mal eine gemeinsame Erklärung angekündigt. Diese Erklärung ist sehr wichtig. Erstens ist es deshalb wichtig, weil haben wir festgestellt haben, dass beide Seiten den Waffenstillstand auch weiter sichern werden. Wie Sie wissen, sind seit der Unterzeichnung dieses Abkommens am 12. Mai zwei Jahre vergangen. Es ist sehr wichtig, dass wir das Einhalten des Waffenstillstandes nochmals erklären und sicherstellen, dass auch Armenien das einhalten wird. Zweifellos ist auch Armenien besorgt und will wissen, ob wir diesen  Waffenstillstand einhalten werden.

Zweitens erklärten wir, dass bilaterale Verhandlungen fortgesetzt werden und die  Lösung dieses Problems nur durch friedliche Mittel erfolgen kann. Das ist sehr wichtig. Wir haben festgestellt, dass die Verhandlungen im Rahmen der OSZE-Minsk-Gruppe, sowie unmittelbar fortgesetzt werden. Wie Sie wissen, gibt es direkte Verhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan, und das wird fortgesetzt werden.

Weiters haben wir beschlossen, dass die Gefangenen auf beiden Seiten frei gelassen werden sollen. Es soll nicht nach der Zahl der Gefangenen zurückgegeben werden, sondern alle Gefangenen eines Landes gegen alle Gefangenen des anderen Landes. Das ist auch sehr wichtig. Ich denke, dass dieses Treffen und diese gemeinsame Erklärung für die aktuelle Phase nötig ist. Dies zeigt der Welt nochmals, dass trotz der schweren Schläge Aserbaidschan wieder eine friedliche Politik führt, dem Weg des Friedens folgt und das Problem friedlich lösen will.

Ich traf mich in Brüssel auch mit dem georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse. Dieses Treffen ist eine neue Erscheinung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Georgien. Im März hatte ich Georgien besucht. Wir hatten sehr wichtige Verhandlungen geführt und wertvolle Abkommen unterzeichnet. Das haben wir nochmals betont. Beim Treffen wurden umfangreiche Verhandlungen über georgisch-aserbaidschanische Beziehungen, die Situation in ganzer Region, sowie auch bezüglich der Probleme der Welt und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten durchgeführt. Ich halte das auch für sehr wichtig.

Natürlich fanden in Brüssel auch andere Treffen statt. Wie Sie wissen, habe ich in Brüssel das Handelszentrum, sowie das USA-Handelszentrum besucht. Ich hatte aber auch andere Termine. Ich glaube, dass  alles sehr wichtig ist. Aber ich habe nur einige Punkte nicht erwähnt.

Ich hatte einen offiziellen Besuch in Norwegen. Dieser Besuch erfolgte auf Einladung der norwegischen Ministerpräsidentin Frau Brundtland. Ich habe diese Einladung vor langer Zeit erhalten und die Zeit meines Besuchs so abgestimmt, dass sie mit meiner Reise in die Europäische Union zusammenfällt, damit Zeit zu sparen. Ich denke, dass auch dieser Besuch sehr erfolgreich ist.

Unsere Zusammenarbeit mit Norwegen ist sehr fruchtbar. Ich kann nur sagen, dass ich aufgrund der in Norwegen durchgeführten Verhandlungen zum Schluss gekommen bin, dass man sich vielleicht u#in Aserbaischen die Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit noch nicht vorstellen kann. Vielleicht hat die Öffentlichkeit über die Bedeutsamkeit dieser Zusammenarbeit für heute und die Zukunft nicht so große Kenntnisse. Höchstwahrscheinlich wird unsere Öffentlichkeit nach Ihren Informationen über die Treffen und Verhandlungen das wissen und ich denke, sie werden verstehen, wie wichtig es ist. Das möchte ich betonen.

Schon zwei Mal wurden zwischen Aserbaidschan und Norwegen direkte Vereinbarungen getroffen. Wir haben mit der Ministerpräsidentin, Frau Brundtland eine Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen Aserbaidschan und Norwegen unterzeichnet. Dies ist eine sehr bedeutungsvolle Erklärung. Auch weitere Abkommen wurden unterzeichnet. Mit anderen Worten, wenn die Beziehungen zwischen Norwegen und Aserbaidschan bisher nur auf der Ebene der wirtschaftlichen Beziehungen waren, wurden sie jetzt auf die Ebene der zwischenstaatlichen Beziehungen gehoben. Wenn sich bis jetzt unsere Zusammenarbeit auf die Beziehungsebene der einzelnen Unternehmen beider Länder beschränkte, stieg sie jetzt auf die zwischenstaatliche Ebene. Es ist sehr wichtig.

Sie wissen, dass Norwegen ein Land ist, das sowohl wirtschaftlich hoch entwickelt ist, als auch viele Errungenschaften im Bereich der Bildung, der Wirtschaft auf der Grundlage der demokratischen Prinzipien erworben hat. Und eine der Besonderheiten von Norwegen ist die enge Verbindung des Marktwirtschaftsprinzips mit der Entwicklung der sozialen Lage der Landbevölkerung. Dies unterscheidet sich von anderen Ländern in Europa. Hier wird den sozialen Problemen große Sorgfalt und Aufmerksamkeit geschenkt und gibt es viele Sozialleistungen. Deshalb will ich die Bedeutsamkeit dieser Erfahrung unterstreichen, da wir uns jetzt mit den sozialen Problemen der Bevölkerung der Republik beschäftigen.

Natürlich sind die erworbenen Leistungen in der Öl- und Gasindustrie in Norwegen sehr interessant. Was wir auf einer Plattform in der Mitte des Meeres, 240 Kilometer von der Stadt Stavanger entfernt gesehen haben, hat mich sehr beeindruckt. Es ist sehr wichtig, weil die im Laufe von 25-30 Jahren erworbenen Errungenschaften im Bereich der Öl- und Gasproduktion, Öl- und Gasgewinnung und Nutzung aus der Tiefe des Meeres hoch zu schätzen sind.

Korrespondent: Herr Präsident, während Ihres Besuchs in Norwegen haben Sie diese Plattform als Wunder bezeichnet. Der Präsident von Aserbaidschan, ein mit der Ölindustrie eng verbundener Mensch, nennt das ein Wunder. Worin besteht dieses Wunder?

Heydar Aliyev: Das Wunder besteht darin, dass erstens diese Plattform im sehr tiefen Wasser ist. Zweitens ist diese Plattform so eine Einrichtung, die mit allem ausgerüstet ist. Drittens wurde da eine sehr hohe Technik und Technologie eingesetzt und alles wird durch die Elektronik gesteuert. Zum Beispiel, stellen Sie sich vor, dass auf einer Plattform, die jährlich 6 Mrd. Kubikmeter Gas produziert, nur 51 Leute arbeiten, die sie verwalten. Das ist eine sehr hohe Errungenschaft.

Korrespondent: Also es gibt eine Menge (Vieles) zum Lernen.

Heydar Aliyev: Ja, es gibt sehr schöne Dinge zu lernen. Jetzt werden die auf der Grundlage der unterzeichneten Verträge von uns zu erstellenden Plattformen genau so sein. Es ist möglich. Wir müssen das auch so machen und solche Plattformen bauen. Das Unternehmen "Statoil" und alle Unternehmen, die jene Plattform wird aufgebaut haben befinden sich in Norwegen. Ich traf mich auch mit ihnen. Also diese Plattform nicht nur von einem Öl-produzierenden Unternehmen gebaut. Diese Plattform entstand als Ergebnis der gemeinsamen Arbeit vieler Unternehmen. Dies ist eine komplexe Integration. Deshalb ist es für mich sehr interessant, deshalb ist es ein Wunder.

Wir auch haben früher Wunder geschaffen. Zum Beispiel hießen die Öl-Steine (Neft daschlari) vor 20-30 Jahren in der Welt Wunder. Aber jetzt haben sie die Errungenschaften auf den Öl-Steinen längst überschritten. Das sind nicht nur die Öl-Steine. Wir bauten diese Plattformen auf. Aber wir hatten noch nie ein solches Niveau. Ich habe solche Plattformen vor 15 Jahren im Golf von Mexiko gesehen. Aber diese Plattform ist den anderen weit uberlegen. Deshalb ist das Wunder.

Vielleicht werden wir in Zukunft am Kaspischen Meer etwas mehr als dies schaffen. Aber heute müssen wir einfach diese Erfahrung einsetzen. Daher sind unsere Treffen in Norwegen von sehr großer Wichtigkeit. Meine Treffen sowohl mit der Ministerpräsidentin und dem Vorsitzenden des Parlaments als auch mit dem König und mit den Ministern waren sehr interessant, aussagekräftig und signifikant. Außerdem fanden meine Treffen mit einer Reihe von Unternehmen in Stavanger neben der Stadt Oslo statt. Gestern unterhielt ich mich mit vielen Geschäftsleuten sehr ausführlich. Ich gab detaillierte Informationen über die heutigen wirtschaftlichen Möglichkeiten in Aserbaidschan und lud sie ein, in unserer Republik zu investieren. Ich fühlte, dass sie an Aserbaidschan sehr interessiert sind. Dies zeigt, dass die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Norwegen große Chancen und große Perspektiven haben.

Insgesamt hat mir dieses Land sehr gut gefallen. Das ist ein Land mit einer großen Fläche, aber einer geringen Bevölkerungsanzahl. Das Land liegt in Europa, in der Vergangenheit war sehr arm und heute ist ein sehr reiches Land. Es ist es sehr interessant, sich in kurzer Zeit vom Armut zum Reichtum zu entwickeln, Demokratie und High-Tech zu entwickeln und sie zu verwenden. Stellen Sie sich vor, hier gibt es bis zu 800 Wasserkraftwerke. Der im Land verbrauchte Strom wird in diesen Kraftwerken erzeugt. Natürlich haben wir nicht so viele Flüsse und verfügen über keine Möglichkeit, so viele Wasserkraftwerke zu bauen. Wir wollen auf dem Kura ein Wasserkraftwerk "Yenikend" bauen. Zu diesem Zweck haben wir einen Kredit von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erhalten. Norwegische Unternehmen können uns beim Bau der Plattformen sehr behilflich sein. Sie sind auch an der Zusammenarbeit interessiert. Mit anderen Worten, ich will sagen, dass wir mit ihnen auf allen Gebieten zusammenarbeiten können, was sehr wichtig für uns ist.

Eines der positiven Ergebnisse meines ganzen Besuches und meiner Treffen besteht darin, dass in diesen hoch entwickelten Ländern Europas - sowohl in Luxemburg und Belgien, als auch in Norwegen die Leistungen Aserbaidschans auf dem Gebiet der Demokratie geschätzt werden. Bei allen Reden, sowohl von Frau Brundtland, von Jacques Santer als auch von anderen wurden Beziehungen zu Aserbaidschan, die Gründung eines demokratischen Staates in unserer Republik und die Entwicklung der Demokratie unterstrichen. Unsere Leistungen und Potenziale Möglichkeiten im Bereich der Wirtschaft ziehen sie heran, und sie schätzen die von uns in diesem Bereich erzielten Erfolge sehr. Das ist eine gute Grundlage für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Europäischen Union sowie den demokratischen Ländern Europas.  

Im Allgemeinen bin ich von meiner Reise und meinen Treffen sehr zufrieden. Ich denke, dass die notwendigen Arbeiten für die Stärkung der Position Aserbaidschans weltweit, insbesondere auf dem europäischen Kontinent, für die Anerkennung der Republik in großem Maßstab durchgeführt wurden und dass sie alle der Stärkung zur staatlichen Souveränität beitragen können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!