Erklärung des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Heydar Aliyev vor den Vertretern der führenden Massenmedien Frankreichs - Paris, Hotel "Kryon", den 27. März 1997


Sehr geehrte Gäste, ich begrüße Sie. Sie wissen, dass ich gestern in Frankreich angekommen bin. Mein Besuch hängt mit einigen Fragen zusammen. Vor ein paar Stunden habe ich mich mit dem Präsidenten Frankreichs Herrn Jacques Chirac getroffen und ausführlich gesprochen. Heute um 16 Uhr treffe ich mich mit dem Außenminister Herrn Herve de Charette. Und heute Abend nehme ich an der Zeremonie anlässlich des 70. Jubiläums des hervorragenden Musikers, großen Mannes des öffentlichen Lebens, unseres Freundes Mstislav Rastropovitsch teil.

Wie Sie wissen, Mstislav Rastropovitsch ist in Baku geboren. Seine Eltern haben lange Zeit in Aserbaidschan, in Baku gearbeitet. Er ist unser Freund und hat mich persönlich zu dieser Zeremonie eingeladen. Und dank dieser Freundschaft werde ich heute an seinem 70. Geburtstag teilnehmen.

In der Nacht fliege ich nach Moskau. Um 11 Uhr morgens findet im Kreml das Treffen der Staatsoberhäupter der GUS-Länder statt. Zweifellos nehme ich an diesem Treffen teil. Dann habe ich in Moskau einige andere Treffen. Das Treffen mit dem Präsidenten Russlands Boris Yelzin ist auch vorausgesehen.

Vor meiner Ankunft in Paris hat die Botschafterin der Republik Aserbaidschan in Frankreich Frau Hüsseynowa mitgeteilt, dass sich die Pressevertreter mit mir treffen wollen. Da ich immer vor den Pressevertretern große Achtung hatte, habe ich in diesen Vorschlag einwilligt, jetzt bin ich mit ihnen zusammen. Ich weiß, dass Sie eigentlich Ihre Fragen stellen. Ich habe heute sogar einen Frühstück für Sie organisiert, damit unser Treffen noch lebendiger und ungezwungen läuft.

Jacques Rumelar (Leiter des Pressedienstes des Außenministeriums von Frankreich): Herr Präsident, ich möchte Ihnen im Namen meiner Kollegen “Willkommen in Frankreich” sagen. Wir hoffen, dass Ihr Besuch in Paris angenehm laufen wird. Wir teilen auch mit Ihnen die Schätzung der Kunst von in Baku geborenen Mstislav Rastropovitsch. Ich muss betonen, dass wir ein gemeinsames Interesse für die gestellte Fragen und von Ihnen gegebene Antworte haben. Herr Präsident, vielen Dank für Ihre Einladung.

Frage: Herr Präsident, worüber haben Sie während des Treffens mit Jacques Chirac gesprochen - über Musik, oder über Erdöl?

Antwort: Nein, über die Musik haben wir nicht gesprochen. Darüber werden wir noch sprechen. Über das Erdöl haben wir nur ein bisschen gesprochen. Meistens war unser Gespräch der Lösung des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes gewidmet.

Wie bekannt ist, ist Frankreich einer der Ko-Vorsitzenden der Minskkonferenz nach dem Lissabon-Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter der OSZE-Teilnehmerstaaten. Während meines offiziellen Besuchs in Frankreich am 13. Januar habe ich mit dem Präsident Jacques Chirac ausführlich darüber gesprochen. Jetzt ist Frankreich schon einer der Ko-Vorsitzenden der Minskkonferenz. Sie wissen, dass die Minskkonferenz für die Lösung des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes gegründet ist. Da Frankreich der Ko-Vorsitzende der Minskkonferenz ist, haben wir unsere Verhandlungen konkretisiert.

Frage: Meine Frage ist mit der Minskgruppe verbunden. Man sagt, dass Aserbaidschan überhaupt den Ko-Vorsitz der USA in der Minskkonferenz vorziehen will.

Antwort: Die Veränderungen in dem Ko-Vorsitz der Minskkonferenz ist ein Prozess. Sie wissen, dass einer der Ko-Vorsitzenden Russland und der andere Finnland war. Nachdem Finnland sich zurückgezogen hatte, wurde zweifellos besprochen, wer seinen Platz nehmen wird? Es freut uns, dass einige Staaten daran interessiert waren. Ich schätze das hoch. Das heißt, diese Staaten die Lösung dieser Frage und die Teilnahme an diesem Prozess wünschen. Sowohl die USA, als auch Frankreich haben ihre Kandidatur aufgestellt. Es stand noch die Kandidatur von Deutschland. Deshalb wurde die Frage eine Zeit lang besprochen und beschlossen, drei Ko-Vorsitzende zu wählen. Russland war schon einer der Ko-Vorsitzenden. Danach wurden Frankreich und die USA zu den Ko-Vorsitzenden. Das ist ein guter Beschluss. Ich meine, dass es gute Ergebnisse geben soll. Wir sind damit zufrieden und warten auf die praktischen Ergebnisse.

Stellen Sie sich vor, drei große Staaten der Welt - Russland, die USA und Frankreich an der Beschäftigung mit der Lösung des armenisch-aserbaidschanischen Konfliktes interessiert sind. Das freut uns sehr. Ich glaube, dass diese drei Staaten als Ko-Vorsitzende vieles für die Lösung der Frage tun können und diese Frage endlich gelöst worden sein wird.

Frage:Herr Präsident, ich will das Thema fortsetzen und Sie fragen. Morgen werden Sie Ihren armenischen Kollegen in Moskau treffen. Was meinen Sie dazu, dass der Leiter von Berg-Karabach als Premierminister von Armenien eingesetzt ist?

Antwort:Ich treffe mich morgen in Moskau mit Herrn Ter-Petrosyan. Erstens, wir nehmen zusammen an der Versammlung der Staatsoberhäupter teil. Ich habe mit ihm ein Telefongespräch gehabt und vereinbart, uns nach der Versammlung individuell zu treffen. Was die Einsetzung des Premierministers von Armenien angeht, kennen wir ihn als der Leiter der armenischen Gesellschaft in Karabach. Die Einsetzung Kotscharyans als Premierminister ist eine sehr ungewöhnliche Erscheinung. Denn Berg-Karabach ist nicht der Teil von Armenien. Rechtlich ist das Berg-Karabach ein Bestandteil von Aserbaidschan. Ungeachtet, dass es Aserbaidschan tatsächlich nicht untergeordnet ist, hat kein Staat in der Welt ihn anerkannt. Deshalb ist es eine negative Erscheinung, dass eine Person, die keine armenische Bürgerschaft hat, die armenische Gesellschaft in Karabach leitet und sich selbst illegal als "Präsident" ernannt hat, als Premierminister von Armenien eingesetzt ist.

Ich bin sehr zufrieden, dass die französische Regierung ihre Position über diese Frage geäußert hat. Das Außenministerium Frankreichs hat eine Erklärung darüber gegeben. In der Erklärung steht, dass sie der genannten Erscheinung nicht zustimmen. Herr Jacques Chirac hat heute auch dasselbe geäußert. Er hat betont, dass es ganz unmöglich ist, Herrn Kotscharyan sowohl als Premierminister von Armenien, als auch als Leiter des Berg-Karabachs zu akzeptieren.

Frage: Herr Präsident, eben haben Sie von den Bemühungen der drei großen Länder - der USA, Frankreichs und Russlands um die Lösung dieses Problems gesprochen. Scheint es Ihnen nicht, dass es in der Welt eine Supermacht - einen Superstaat gibt und jemandem seine Willen diktieren will?

Antwort:Wissen Sie, wir haben keinen solchen Eindruck. Zweifellos sind die USA ein großer, mächtiger Staat. Frankreich und Russland sind aber auch große Staaten. In der Weltgemeinschaft hat jeder Staat seinen eigenen Platz. Vielleicht spüren Sie das, was Sie sagen. Aber wir sind ein kleiner Staat. Jeder große Staat ist für uns groß. Es ist uns egal, welcher von ihnen größer oder kleiner ist.

Frage:Sind Sie mit dem Vorsitz dieser drei Staaten in der Minskgruppe zufrieden? Stellt ihre neutrale Einstellung Sie zufrieden? Oder können Sie vermuten, dass einer von ihnen Aserbaidschan oder Armenien vorziehen kann?

Antwort: Wissen Sie, ich kann nicht sagen, dass ich mit der bis jetzt durchgeführten Arbeit ganz zufrieden bin. Wäre die Frage gelöst worden, könnte ich sagen, dass ich zufrieden bin. Denn wir haben im Mai 1994, etwa vor 3 Jahren, ein Abkommen über den Waffenstillstand zwischen Armenien und Aserbaidschan unterschrieben. Im Mai 1997 wird dieses Abkommen 3 Jahre alt. Seit 3 Jahren ist das Feuer abgebrochen, das Blut wird nicht vergossen. das ist gut. Aber diese 3 Jahre sind solch eine Frist, dass die Lösung des Konfliktes in dieser Zeit möglich gewesen wäre. Wenn wir die Frage noch nicht gelöst haben, sind wir natürlich daran auch schuld. Aber die Minskgruppe, die zwecks der Lösung dieser Frage gegründet worden ist, besonders die Ko-Vorsitzenden, sind sehr schuld.

Frankreich und die USA wurden zu den Ko-Vorsitzenden im Februar lfd. Jahres. Sie sind noch nicht dazu gekommen, etwas zu tun. Aber von unserem heutigen Gespräch mit Jacques Chirac bin ich zu solchem Schluss gekommen, dass Frankreich vorhat, sich ganz ernst mit dieser Frage zu beschäftigen. Eine der Tatsachen für Bestätigung der Obengesagten ist das, dass der Außenminister Frankreichs Herr Herve de Charette Ende des lfd. Monats unsere Region - Aserbaidschan, Armenien und Moskau besuchen wird. Diese Tatsache über den Besuch des Außenministers Frankreichs in der Region gerade nach der Ernennung als Ko-Vorsitzender ist schon eine positive und gleichzeitig ganz vielversprechende Erscheinung.

Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass der Hauptteil unseres Gesprächs mit dem Präsident Jacques Chirac diesem Thema gewidmet ist. Gedanken und Ansichte des Präsidenten haben mich beruhigt und mir Hoffnung gegeben. Deshalb habe ich großen Optimismus für die nächsten Monate. Ich glaube, dass die Initiative von Frankreich, also die Anreise in die Region des Außenministers von Herve de Charette als Vorbild für andere Ko-Vorsitzenden dienen wird.

Frage:Zum Unterschied von Armenien und Georgien haben Sie sich widersetzt, dass die russischen Armeeabteilungen sich in Ihrem Territorium befinden. Außerdem scheint es uns, dass es zwischen Ihnen und Russland streitige Angelegenheit anlässlich des Status des Kaspischen Meeres gibt. Also zeigt Russland seinen Willen, Ihr Land in seinen Einflusskreis einzuführen. Morgen nehmen Sie an der GUS-Gipfelversammlung teil. Wie stellen Sie sich die Möglichkeit Ihres Landes vor, auf die gewünschte Linie zu bestehen, und wer wird Sie dabei unterstützen, auf wen Sie sich verlassen?

Antwort:Zum Unterschied von Armenien und Georgien befinden sich in unserem Land keine russischen Armeeabteilungen und das beweist unsere absolute Unabhängigkeit. Zurzeit besteht keine Notwendigkeit zur Behaltung der Armeeabteilungen, Truppeneinheiten von Russland in Aserbaidschan. Ich weiß nicht, warum Russland seine Truppeneinheiten in Armenien und Georgien behält? Russland hat jetzt große Probleme, einschließlich im Armeebereich. In solchem Falle ist es gar nicht logisch, dass Russland in anderen unabhängigen Ländern - in Armenien und Georgien seine Truppeneinheiten behält. Deshalb halte ich das nicht für richtig. Ich bin sogar dagegen.

Was die Streitigkeiten zwischen uns wegen des Kaspischen Meeres betrifft, gibt es keinen Streit, wenn Sie das real herangehen. In bestimmten Kreisen Russlands verhält man sich eifersüchtig zu der Unterzeichnung der Abkommen zwischen Aserbaidschan und den Erdölgesellschaften der Weststaaten. Das ist aber auch grundlos. Weil an drei von fünf unterschriebenen Verträgen die große Erdölgesellschaft Russlands "LUKOil" teilnimmt. Warum sind sie so eifersüchtig, verstehe ich nicht. Und endlich beunruhigte sich Russland, dass wir die Ölleitung für den Export des Erdöls in die Weltmarkt in andere Richtung legen werden. Wir haben aber beschlossen, zwei Ölleitungen für den Export des Erdöls in die Weltmarkt zu legen: eine von ihnen wird sich über Territorium Russlands bis zum Schwarzmeerhafen Novorossiysk, andere über Territorium Georgiens bis zum Schwarzmeerhafen Supsa erstrecken. Das heißt, auch hier haben wir die Interessen von Russland berücksichtigt.

Es handelt sich darum, dass wir schon den aserbaidschanischen Teil der Ölleitung, der durch das Territorium Russlands, in die nördliche Richtung führt, gebaut haben. Die Gesellschaften des Konsortiums haben für den Bau der genannten Ölleitung 50 Mio. USD ausgegeben. Aber die russische Seite ist noch nicht bereit, dieses Öl zu empfangen. Wir haben nicht nur die Leitung gebaut, sondern auch die Leitung mit Erdöl gefüllt. Wir führen jetzt Verhandlungen mit Russland, dass sie dieses Erdöl empfängt.

Vor zwei Tagen war ich in der Ukraine mit dem offiziellen Besuch. Der Präsident der Aserbaidschanischen Staatlichen Erdölgesellschaft war auch mit mir zusammen in Kiev. Ich habe ihn nach Moskau geschickt, damit er mit Russland Verhandlungen führt. Sobald ich morgen in Moskau ankomme, soll er mir über die Verhandlungsergebnisse berichten.

Wie Sie sehen, verteidigen wir unsere Unabhängigkeit, unsere Interessen. Aber nach Möglichkeit schaffen wir die nötigen Bedingungen für die Befriedigung der Interessen unserer Nachbarstaaten. Deshalb ist die russische Seite nicht berechtigt, Aserbaidschan übel zu nehmen.

Frage:Herr Präsident, ich möchte noch eine Frage stellen. Es ist klar zu sehen, dass Herr Yelzin seine Unzufriedenheit äußert, wenn es sich um die Erweiterung der NATO handelt. Besonders wünscht er die NATO-Erweiterung auf Rechnung der drei baltischen Republiken nicht. Sie haben sich mit Ihrem ukrainischen Kollegen getroffen. Er hat vor kurzem, als er in Frankreich war, gesagt, dass er für die Erweiterung der NATO ist. Und Sie, was meinen Sie zu der Erweiterung der NATO? Meinen Sie nicht, dass Herr Yelzin starken Widerstand leisten kann?

Antwort: Herr Boris Yelzin hat sich in Helsinki mit Herrn Bill Clinton getroffen. Diese Fragen wurden besprochen. Herr Yelzin wird uns morgen darüber informieren. Ich kann meine Meinung äußern, nachdem er uns informiert hat.

Frage: Herr Präsident, meine Frage ist mit dem morgigen Gipfeltreffen der GUS-Länder verbunden. Es ist Ihnen bekannt, dass die Durchführungszeit dieses Treffens im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand Herrn Yelzin einige Male verschoben wurde. Ich möchte erfahren, wie sich die Interessen von Aserbaidschan in diesem Gipfeltreffen offenbaren? Was meinen Sie, wird Ihr Land in der Zukunft zu Europa geneigt sein, oder wenn Sie mit Russland bleiben, wie werden die nationale Interessen Aserbaidschans ihre Lösung finden?

Antwort: Erstens, findet das Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter der GUS-Länder wirklich seit langem nicht statt. Im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand Herrn Boris Yelzins wurde dieses Treffen einige Male verschoben. Ich glaube, dass im morgigen Gipfeltreffen großer Meinungsaustausch erfolgt. Und wir werden, wie jedes Mal, die Interessen von Aserbaidschan verteidigen, gleichzeitig uns bemühen, die Zusammenarbeit in der GUS zu entwickeln.

Sie haben gefragt, ob wir mit Russland bleiben, oder zu Europa neigen wollen. Ich möchte diese Frage ein bisschen erklären. Russland ist auch Europa. Aserbaidschan ist ein europäisches Land. Wir wollen allen Strukturen Europas beitreten. Wir wollen, z. B., zum Mitglied des Europarates werden. Man akzeptiert unsere Republik mit dem Status des besonderen Gastes. Aber ich hoffe, dass im Mai-Juni des lfd. Jahres die Frage unserer ordentlichen Mitgliedschaft gelöst worden sein wird.

Im April des vorigen Jahres haben wir in Luxemburg das Abkommen über die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union unterschrieben. Wir wünschen uns mit allen Strukturen des Europarates zusammenzuarbeiten. Wir arbeiten mit der Wirtschaftskommission des Europarates gut zusammen. Das widerspricht unserer gegenseitigen, bilateralen Zusammenarbeit mit den GUS-Ländern, einschließlich mit Russland nicht.

Wir sind ein unabhängiger Staat und wollen alle sich daraus ergebenden Rechte benutzen. Meiner Meinung nach soll kein anderer Staat uns daran hindern.

Frage:Herr Präsident, soviel ich weiß, hat Aserbaidschan bisher keine große Armee gehabt. Haben Sie vor, einen Teil der Einkommen aus dem Erdölverkauf für die Gründung einer solchen Armee auszugeben?

Antwort:Nein! Wir streben die Erdöleinkommen auf die Besserung der Ökonomie des Landes und sozialen Lage unseres Volkes zu richten. Wir führen eine friedliche Politik und wünschen uns freundschaftliche Beziehungen mit allen Nachbarstaaten, es gibt keine Notwendigkeit, große Armee zu halten.

Nach der Lösung des Konfliktes mit Armenien kann unsere friedliche Politik noch erfolgreicher sein.

Frage:Herr Präsident, es gibt noch einen Nachbarstaat von Ihnen, über den haben wir nicht gesprochen. Dieser Staat ist der Iran. Herr Präsident, ich möchte erfahren, wie Sie sich zu dem Iran verhalten? Und überhaupt gab es den Prozess des Revolutionsexports aus dem Iran? Was meinen Sie zu der zukünftigen Entwicklung des Irans?

Antwort:Iran - ist unser großer Nachbarstaat. Wir haben eine lange Grenze mit dem Iran. Im Iran leben sehr viele Aserbaidschaner. Nach einigen Angaben gibt es dort mehr als 30 Millionen Aserbaidschaner. Denken sie nicht, dass Sie hier, in Frankreich alles wissen. Vieles wissen Sie nicht.

Journalist: Wenn Sie von 30 Millionen sprechen, spielen Sie auf die Iraner an, die der Herkunft nach Aserbaidschaner sind?

Antwort: Natürlich spreche ich über Aserbaidschaner. Was bedeutet der Herkunft nach? Sie sind echte Aserbaidschaner. In der Vergangenheit war Aserbaidschan einheitlich. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Aserbaidschan als Ergebnis des Russisch-Iranischen Krieges in 2 Teile eingeteilt. Der größere Teil blieb unter der Regierung von dem Iran, heute ist es auch so. Ein kleiner Teil aber ging zu Russland und das ist Aserbaidschan, in dem wir jetzt leben. Zwischen uns gibt es nur den Fluss Aras. Sogar der Fluss fehlt in einigen Gebieten. Manchmal ist die Entfernung zwischen iranischen und aserbaidschanischen Dörfern nur 100 Meter. Deshalb ist die ganze Bevölkerung der iranischen Seite unsere Grenze entlang Aserbaidschaner. Sie sollten das wissen.

Aber zweifellos sind sie die Bürger der Islamischen Republik Iran. Wir achten die territoriale Integrität jedes Landes, einschließlich die von Iran. Deshalb haben wir mit dem Iran gute freundschaftliche Beziehungen. Zugehörigkeit zu gleicher Religion und gleiche Traditionen nähern uns noch mehr.

Was die Einwirkung der Islamischen Revolution auf Aserbaidschan betrifft, gibt es keine solche Einwirkung. Die Aserbaidschanische Republik, die ich vertrete, hat ihre eigene Staatsform, eigene staatliche Prinzipien. Die Islamische Republik Iran hat auch eigene Staatsform und Lebensprinzipien. Wir mischen uns in ihre inneren Angelegenheiten nicht ein und sie sollen sich auch in unsere nicht einmischen.

Frage:Was meinen Sie, ist die Zukunft von Aserbaidschan mit den USA oder mit der Zusammenarbeit mit den Zentralasienländern verbunden?

Antwort: Keiner von beiden. Die Zukunft von Aserbaidschan ist mit seiner Unabhängigkeit verbunden. Sie wissen, dass ich im Leben Aserbaidschans vieles gemacht habe und einer von den Leitern der ehemaligen Sowjetunion war. Meine Lebenserfahrung, alles was ich gesehen habe, was ich weiß, hat mich überzeugt, dass die Zukunft von Aserbaidschan mit seiner staatlichen Unabhängigkeit und nationalen Freiheit verbunden ist.

Zweifellos ist es nicht leicht, die staatliche Unabhängigkeit zu erhalten. aber ich will ihnen mitteilen, dass die absolute Mehrheit unserer Bevölkerung wünscht, Aserbaidschan immer als ein unabhängiger Staat zu sehen. Natürlich wollen wir mit allen Staaten, einschließlich mit den USA, die eine entwickelte Ökonomie hat, zusammenarbeiten. Dank den unterschriebenen Erdölverträgen arbeiten schon große amerikanische Erdölgesellschaften mit uns zusammen. Ich schätze das positiv. Gleichzeitig nehmen in diesen Verträgen die großbritannische Gesellschaft "BP" und norwegische "Statoil" einen wichtigen Platz ein. Auch die französische Gesellschaft "Elf Akiten". Hier habe ich den Präsidenten der Gesellschaft "Elf Akiten" Herrn Philippe Jaffre gesehen, mich mit ihm getroffen. Er sitzt jetzt im Nebenraum und führt ein Gespräch. Im Januar haben wir hier einen Vertrag unterzeichnet, neben "Elf Akiten" ist die Gesellschaft "Total" ebenfalls in den Vertrag eingegangen.

An unseren Erdölverträgen nehmen ebenfalls Japan, Russland, italienische Gesellschaft "Acip", saudiarabische Gesellschaft "Delta", türkische "Türk petrollari" teil. Sehen Sie, wie weit sind die Grenzen unserer Zusammenarbeit. Auch der Iran nimmt an unserem Vertrag teil.

Wir wollen, wie Sie sagen, auch mit den Zentralasienländern eng zusammenarbeiten. Wir arbeiten mit unserem Nachbarn Georgien gut zusammen. Z. B. die amerikanische Gesellschaft "Chevron" fördert Öl im Erdölfeld "Tengis" von Kasachstan und benutzt die Ölpipeline in Russland für die Ausfuhr dieses Öls. Gleichzeitig will sie ihr Erdöl durch das Kaspische Meer, durch Aserbaidschan und Georgien ans Schwarzmeer führen. Wir sind auf diesen Vorschlag eingegangen. Und so haben wir unsere Zusammenarbeit sowohl mit Kasachstan, als auch mit "Chevron" begonnen.

Und endlich haben wir - Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan und Georgien im Mai des vorigen Jahres einen großen Vertrag über die transkaukasische Magistrale für die Beförderung der Güter aus Zentralasien nach Europa durch das Kaspische Meer, durch Aserbaidschan und Georgien unterschrieben. Die Ukraine, Kasachstan und Kirgisien sind auch in den Vertrag eingegangen.

Als ich in der Ukraine war, haben wir damit übereingestimmt, dass noch ein Weg des Exports des aserbaidschanischen Erdöls durch das Kaspische Meer nach Europa das Territorium der Ukraine sein kann.

Nun sehe ich die Entwicklung Aserbaidschans gerade in diesen Richtungen.

Frage: Herr Präsident, ich möchte eine persönliche Frage stellen. Diese Frage folgt aus Ihrer Rede. Sie haben gerade gesagt, dass Sie einer der Leiter der UdSSR waren. Wie lösten Sie die Unstimmigkeit zwischen dem Gefühl des Aserbaidschaners und der Verpflichtung, Leiter der UdSSR zu sein? Betrachteten Sie sich als ein Aserbaidschaner als ein Patriot, oder wie zeigten sich diese zwei Kräfte in einigen Fragen, die vor Ihnen entstanden?

Antwort:In jener Zeit gab es keine solche Unstimmigkeit. Aserbaidschan war eine der Sowjetrepubliken. Ohnehin gehörte ich als Leiter von Aserbaidschan zu den leitenden Organen der Sowjetunion. Während meiner Arbeit in Moskau, als ich einer von den Leitern der Sowjetunion war, strebte ich mich, zweifellos meinen Pflichten nachzukommen. Aber gleichzeitig vergaß ich niemals, dass ich Aserbaidschaner bin, Patriot bin und zu welcher Nation gehöre. Im Gegenteil, als ich in Moskau arbeitete, einer von den Leitern der Sowjetunion war, setzte ich alles daran, die Entwicklung Aserbaidschans zu beschleunigen.

Gleichzeitig war in jener Zeit mein Aufenthalt in Moskau, mein Amt als ein Leiter der Sowjetunion, eine einzigartige, ungewöhnliche Erscheinung. Nie in der Geschichte gab es solch einen Fall, dass ein Moslem, ein Aserbaidschaner als leitende Person entweder des Russischen Reiches, oder der Sowjetunion amtierte. Das beweist, dass ein Aserbaidschaner, ein Moslem dieses Ziel auch erreichen konnte.

Journalist: Der erste war doch ein Georgier.

Antwort:Es gaben immer Georgier. Aber einen Moslem gab es nie. Ein Georgierist ein Christ, wissen Sie das. Aber einen Moslem hat Russland niemals nach Moskau zugelassen. Nicht nur Stalin war ein Georgier, außer ihm gaben es auch andere.

Gleichzeitig stieß ich während meines Aufenthalts in Moskau auf die Tatsachen, mit denen ich nicht einverstanden war. Als Ergebnis trat ich Ende 1987 von meinem Amt in Moskau zurück.

Frage:Herr Präsident, wenn Sie erlauben, möchte ich eine wirtschaftliche Frage stellen. Sie haben gerade gesagt, dass es viele Parteien gibt, die im Erdölbereich zusammenarbeiten wollen. Von den Analysen der Spezialisten ausgehend, wird Aserbaidschan in den Jahren 2005-2010 täglich ca. 700 Barrel Öl geben. Ist das wahr? Und meine zweite Frage: Sie haben gesagt und wir haben verstanden, dass Sie Erdöleinkommen nicht für die Armeegründung, sondern für die Besserung der Ökonomie und des Wohlstandes benutzen werden. Welche Industriebranchen sind für Sie wichtig? Und endlich haben Sie heute ein Treffen mit unserem Außenminister. Wir möchten wissen, welchen Branchen Frankreich mit Investitionen helfen könnte?

Antwort: Erstens kann ich nicht genau sagen, wie viel Erdöl Anfang 2000er Jahren gefördert werden kann. Aber ich glaube, dass diese Zahl mehr sein kann, als gesagt wurde. Natürlich, wenn es kein Hindernis gibt, keine neue Tragödie passiert, d.h. wenn alles gut läuft. Ich glaube, dass alles in Ordnung sein wird. Sie sprechen von der Investition, jetzt bekommen wir natürlich Investitionen auf dem Gebiet der Öl-Gasindustrie, der Infrastruktur. Wissen Sie, in Aserbaidschan gibt es jetzt die Büros von 60 Gesellschaften eines kleinen Landes wie Norwegen. Die Erdölverträge haben zur Gründung anderer neuen und großen Gesellschaften für ihre Verwirklichung geführt. Deshalb sind in Aserbaidschan nicht nur die Gesellschaften, die die Erdölverträge unterschrieben haben, sondern auch mehrere Gesellschaften der Welt für die Verwirklichung dieser Verträge gekommen. So legt man jetzt in die Infrastruktur große Investitionen an. Die Öl- und Gasverarbeitung, auch Herstellung der bestimmten Produkte daraus wird sich entwickeln. Einschließlich die Chemieindustrie, - weil dies eine mit Öl und Gas verbundene Industrie ist, - und Maschinenbau auch.

Wir haben einen riesigen Landwirtschaftskomplex. Die landwirtschaftlichen Produkte werden verarbeitet, Baumwolle und Tabak werden produziert. Deren Verarbeitung, Herstellung der Endproduktion, Produzierung und industrielle Verarbeitung von Obst und Gemüse sind sehr entwickelt.

In Aserbaidschan gibt es Trikotagenindustrie, Schwarz- und Buntmetallhütung, Aluminiumerzeugung. Jetzt führen wir den Privatisierungsprozess durch. In unserem Land gibt es große Industrieunternehmen. Nach der Privatisierung werden mehrere von denen modernisiert werden und wird ein großes Industriepotential gegründet werden.

Unter den GUS-Ländern, also den Ländern, die im Bestande von der ehemaligen Sowjetunion waren, haben wir das radikale Gesetz über die Bodenreform verabschiedet - alle Kolchose und Sowchose zu liquidieren und alle Grundstücke den Bauern zu übergeben. Das Grundstück wird ins Privateigentum übergeben, der Grundbesitzer kann es verkaufen, jemandem schenken. Wir glauben, dass diese Reform das dynamische Wachstum der Produzierung der landwirtschaftlichen Produkte sichert.

Die mit Marktwirtschaft und Ökonomie verbundene Reformen werden überhaupt dieses Jahr und auch in nächsten Jahren beschleunigt durchgeführt werden.

Frage: Herr Präsident, ich möchte Ihnen die letzte Frage stellen. Sie haben von der Privatisierung gesprochen. Werden Sie eine Behörde gründen, die sich, wie in Ostdeutschland, mit der Privatisierung der Grundstücke beschäftigt? Werden Sie sich nach der Privatisierung der Grundstücke an die Praktik der europäischen oder anderen Länder wenden, um die Erfahrung der Bodennutzung nach den kapitalistischen Methoden zu erlernen?

Antwort:Ja, ich nehme an, dass wir uns alles zunutze machen werden. Die Lebensprozesse werden uns dazu zwingen. Wenn wir den Privatisierungsprozess durchführen, die Grundstücke ins Privateigentum übergeben, müssen wir Maßnahmen für ihre zweckmäßige Nutzung treffen. In Europa ist die Kultur der Bodennutzung sehr hoch. In Ihrem Land, in Frankreich, existieren gute Erfahrungen, schöne Errungenschaften auf diesem Gebiet. Wir werden alles daransetzen, alle Erfahrungen, auch die von Frankreich zu nutzen. Wenn wir auf diesem Wege schreiten, dann müssen wir die Erfahrung der Länder nutzen, die diesen Weg früher als wir gegangen sind.

Jacques Rumelar: Vielen Dank, Herr Präsident. Wir sind Ihnen für Ihre Gastfreundschaft und auch für Ihre Antworte, Erklärungen dankbar. Sie haben eine große Information für die französische Presse gegeben. Nochmals wünschen wir Ihnen eine erfolgreiche Reise in Frankreich.

Heydar Aliyev: Danke, ich bedanke mich bei Ihnen. Ich bin mit diesem Treffen ganz zufrieden und bin fertig, mich künftig jedes Mal mit Ihnen zu treffen. Alle, jeden von Ihnen, lade ich nach Aserbaidschan ein. Finden sie Zeit und kommen sie zu uns. Dort können sie mehr über Aserbaidschan erfahren.

Auf Wiedersehen.

Grundrisse

AUßENPOLITIK

Allgemeine historische Auskunft

Aserbaidschan - Europa

Chronologien

AUßENPOLITIK